MIT Technology Review 12/2019
S. 66
Horizonte
Drogen

Die Spur des Schnees

In den vergangenen fünf Jahren ist der Kokainschmuggel um schätzungsweise 100 Prozent gewachsen. Um herauszufinden, was den Markt so ­verändert hat, analysieren Chemiker von der US-Drogenbehörde das Suchtmittel. Inzwischen haben sie ein paar Antworten.

Von Nike Heinen

Immer wenn amerikanische Ermittler irgendwo im Land mehr als ein Kilogramm Kokain beschlagnahmen, bekommt Jennifer Mallette Post. Sie arbeitet bei der US-Drogenbehörde DEA, und als leitende Forensikerin des Cocaine Signature Program soll sie die Geschichte der Drogen nachzeichnen, die in den USA im Umlauf sind. Kommt eine Lieferung in ihrem Labor in Dulles, Virginia, an, geht Mallette auf Spurensuche im Schnee. „2500 Proben bearbeiten wir im Jahr“, sagt sie und klingt stolz. Die Chemikerin hat allen Grund dazu. Es gibt ­vermutlich kein Labor weltweit, das so gut über die Standorte der Kokainfabriken in Kolumbien, Peru und Bolivien Bescheid weiß wie ihres.

Seit der Crack-Epidemie in den 1980er-Jahren pflegen die USA ihre Feindschaft zu den Drogenkartellen. Fiel ihnen eine Lieferung in die Hände, kannten Ermittler den Namen des Hafens, aus dem der Drogenfund verschifft wurde. Aber viel mehr wussten sie nicht. Wer waren die vielen ­versprengten Hintermänner des Geschäfts? Um diese Informationen zu bekommen, sollten die Ermittler der Behörden so viele wissenschaft­liche Hintergrundinformationen wie möglich sammeln. Die Hoffnung war, auf diese Weise die Netzwerke aufspüren zu können.