Technology Review Special 2019
S. 52
Digitalisierung
Start-Ups
Der WeWork-Gründer Adam Neumann galt als Visionär – und wurde dann verspottet. Foto: Michael Kovac/Getty Images

Vergessen zu rechnen

Kurz war WeWork eines der wertvollsten privat gehaltenen Unternehmen überhaupt, dann folgte der Absturz – und ein allgemeines Umdenken bei der Finanzierung von begehrten Start-ups.

Von Sascha Mattke

Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen. Wie wahr dieser Spruch ist, zeigte sich im Herbst 2019 wieder einmal nach dem gescheiterten Börsengang der Büro-Immobilienfirma WeWork. Zuvor war sie mit hohen zweistelligen Milliardenbeträgen bewertet worden, hinterher aber zählten Kommentatoren allerlei Makel des Unternehmens auf, etwa seine unterentwickelte Corporate Governance. Auch die Aussage im Börsenprospekt, WeWork wolle „das Bewusstsein der Welt“ heben, wurde genüsslich aufs Korn genommen, schließlich war Vorstandschef Adam Neumann ­bekannt für seinen Marihuana-Konsum. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis fast allen die Bewertung plötzlich hoffnungslos überhöht vorkam.

Früher bezeichnete die Start-up-Branche Unternehmen mit einem Wert von mindestens einer Milliarde Dollar als Einhörner – weil sie so selten waren. Doch mittlerweile gibt es weltweit mehr als 300 davon, sodass die US-Technologie­szene und ihre Wagniskapitalgeber eine neue Bezeichnung für die finanziellen Überflieger brauchten. Also kam die Kategorie der „Decacorns“ (Zehnhörner) hinzu, für junge Unternehmen mit mindestens zehn Milliarden Dollar auf der Wert-Waage. Auch dieser neue Exklusiv-Club gewann rasch Mitglieder. Doch statt des ersten Hundert-Horns kam dann das Scheitern von WeWork. Es dürfte dem Trend der immer höheren Bewertungen für schnell wachsende Technologieunternehmen schon vor dem Börsengang vorläufig ein Ende gesetzt haben.