MIT Technology Review 2/2019
S. 97
Fundamente
Rückschau

Bundeswehr-Hacker auf Abruf

An dieser Stelle blicken wir zurück auf Artikel, die vor fünf Jahren in Technology Review erschienen sind. Diesmal: Die Bundeswehr im Cyberwar

TECHNOLOGY REVIEW 2/2014 Besuch bei den Hackern in Uniform.

Die US-Überwachungsbehörde NSA, die auch Einbruchswerkzeuge in fremde Computer entwickelt, sitzt in einem dystopischen schwarzen Glaspalast in Fort Meade, Maryland. Das Hauptquartier der deutschen Staatshacker, der Abteilung Computer Netzwerk Operationen (CNO) der Bundeswehr – mittlerweile Zentrum Cyber-Operationen (ZCO) –, liegt im beschaulichen Rheinbach südwestlich von Bonn. Ein Ort mit „Stadtpark mit Brunnen, Teich und Abenteuerspielplatz, daneben ein Freizeit-Erlebnisbad mit Sauna“. Als TR-Autor Boris Hänßler sie 2014 besuchte, fand er auch in der Kaserne wenig Spektakuläres: „An einer Glastür bittet ein Schild um Ruhe“, schrieb Hänßler. „Dahinter befinden sich Büroräume und das Computerlabor. Alle Arbeitsplätze sind dort wie in einem Klassenzimmer nach vorn gerichtet, zu einem großen Bildschirm hin. Betreten darf ich den Raum nicht, hier wird gerade ein Angriff simuliert.“

Politisch enthielt der Bericht jedoch einige Sprengkraft, wurde gar zum Ausgangspunkt einer kleinen parlamentarischen Anfrage der Linkspartei, die Auskunft über die Ziele der CNO verlangte. Denn die Soldaten lernen nicht nur, die eigene IT vor Angriffen zu schützen. „Sobald sie eine Sicherheitslücke identifiziert haben, suchen sie nach einem Weg, ins Netz des Gegners einzudringen und sich dort einzurichten.“ Was im Ernstfall ein militärisches Ziel ist, das war 2014 jedoch „eine Grauzone“, schrieb TR. „Denkbar seien jedoch Angriffe auf Energieversorgung oder Telekommunikation, wenn solche Einrichtungen zugleich auch militärischen Zwecken dienen.“

Die Grauzone besteht noch immer. Offensive Angriffe oder auch Gegenschläge im Netz – sogenannte Hackbacks – leisten nach Auffassung des Verteidigungsministeriums einen „essenziellen Beitrag zur gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge“. Über die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür hat die Bundesregierung aber noch immer keine Einigung erzielt. Mittlerweile ist das ZCO von 60 auf 100 Mann aufgestockt. Bis 2021 sollen noch einmal 200 Mann dazukommen, berichtete der „Spiegel“ im Juni 2018. Trotz zielgerichteter Werbung findet die Bundeswehr aber nicht genug Bewerber. Wolfgang Stieler