MIT Technology Review 2/2019
S. 14
Aktuell

ROBOTIK

Maschine mit Tastsinn

ANYmal und das Team der ETH Zürich beim Testlauf im Kanal. Foto: Daniel Winkler/ ETH Zürich

Wartungsarbeiten in Abwasserkanälen sind ein großes Risiko für Menschen: Krankheitserreger und Chemikalien belasten die Gesundheit. Zukünftig könnte der vierbeinige Roboter ANYmal das Abwassersystems auf Beschädigungen untersuchen. Ein erster Testlauf in der Kanalisation von Zürich verlief erfolgreich.

ANYmal, der seit 2009 vom Robotic Systems Lab und dem Spin-off ANYbotics der ETH Zürich entwickelt wird, verfügt über eine Federung, die dem biologischen Muskelsystem nachempfunden ist. So kann er die von seinen Beinen eingesetzte Kraft kontinuierlich kontrollieren und, anders als mit Rädern, autonom auf Hindernisse und Unebenheiten reagieren.

Die 3D-Kameras und Lasersensoren, mit denen sich die Maschine normalerweise orientiert, schwächeln jedoch im Kanal, wo der Boden nass und die Luft dunstig ist. Für den Roboter wird daher zusätzlich ein Tastsinn entwickelt.

Mit Sensorfüßen erkennt der Roboter die Bodenbeschaffenheit und kann dadurch seine Schritte bewusst platzieren. Bei seinem Testlauf in der Züricher Kanalisation haben die Forscher verschiedene Aufsätze für die Füße ausprobiert. Angedacht ist der Einsatz des Roboters in Extremsituationen. COSIMA ERMERT

UMWELT

Weniger Stickoxid, mehr Feinstaub

Wolfgang Junkermann im selbstentwickelten Flugzeug. Foto: Wolfgang Junkermann/ KIT

Kohlekraftwerke sind die weltweit größte Quelle für ultrafeine Partikel. „Auf regionaler Ebene sind ihre Emissionen signifikant höher als die urbaner Gebiete“, schreibt Umweltphysiker Wolfgang Junkermann vom Karlsruher Institut für Technologie (DOI: 10.1175/BAMS-D-18-0075.1). In den letzten 15 Jahren hat er mit australischen Kollegen weltweit Messflüge unternommen. Dabei stellte er fest, dass die Ultrafeinstaubkonzentration fernab von Städten stark angestiegen ist. Durch Berechnungen und gezielte Messflüge konnte er die Quelle dingfest machen: große fossile Kohlekraftwerke, die Feinstaub über hohe Schornsteine weit verbreiten. Noch in über 300 Kilometern sind die Partikel nachzuweisen.

Weiterer Befund: Schon 300 fossile Großkraftwerke stoßen mehr Partikel aus, als in bisherigen Modellrechnungen für alle Emissionen weltweit angenommen wurde. Bisherige Annahmen sind „um Größenordnungen zu klein“, so Junkermann.

Grund dafür ist paradoxerweise die Abgasreinigung moderner Kohlekraftwerke. Seit den späten Achtzigern wird den Abgasen Ammoniak hinzugefügt, um Stickoxide in Wasser und Stickstoff umzuwandeln. Dabei gelangt auch überschüssiges Ammoniak in die Atmosphäre. Das ist ein Vorläufergas für Feinstaub: Schadstoffe lagern sich an die Ammoniak-Moleküle an, bis sie zu Partikeln von 5 bis 15 Nanometern wachsen.

Je kleiner die Partikel, desto gesundheitsgefährdender. Zudem haben sie laut KIT einen wesentlichen Einfluss auf das Klima: Als Kondensationskern beeinflussen sie die Wolkenbildung und können Dürren oder Starkregen zur Folge haben. COSIMA ERMERT

UMWELT

Intelligentes Bioplastik

Laut den Vereinten Nationen landen jährlich acht Millionen Tonnen Plastik im Meer. Außerdem werfen wir über eine Milliarde Tonnen an Lebensmitteln weg, obwohl sie noch essbar wären.

Beides will das brasilianische Start-up Plasticor ändern und hat eine intelligente und biologisch abbaubare Lebensmittelverpackung entwickelt. Sie ändert zudem die Farbe, wenn das Lebensmittel verdirbt.

Möglich macht das ein Biosensor, der in dem Kunststoff aufgelöst ist und auf den pH-Wert des Essens reagiert. Bildet sich Säure, verfärbt sich die Verpackung grün, bei Bitterstoffen rot. Neben Lebensmittelverpackungen möchte Plasticor auch Teststreifen für unverpackte Lebensmittel produzieren.

Weiteres Highlight: Der Kunststoff von Plasticor basiert auf pflanzlicher Stärke, verzichtet auf chemische Zusätze und kann somit vollständig biologisch zersetzt und sogar gegessen werden. Der Kompostierungsvorgang dauert circa sechs Monate. Für deutsche Kompostierungsanlagen dürfte sich der Kunststoff zum jetzigen Zeitpunkt daher nicht eignen: Biomüll lagert hier nur sechs bis zehn Wochen.

Das Start-up sucht jetzt nach Finanzierungen für die Markteinführung. COSIMA ERMERT

3D-Druck

Software weist nach, aus welchem 3D-Drucker ein Ausdruck stammt

„Liberator“-Pistole aus dem 3D-Drucker. Foto: Eric Gay/AP/Dpa Picture-Alliance

Mit 3D-Druckern können sich Kriminelle nicht registrierte Schusswaffen herstellen (siehe TR 13/2018, S. 81). Ein Team um Wenyao Xu von der University of Buffalo hat herausgefunden, wie sich solche Waffen zumindest auf den verwendeten Drucker zurückverfolgen lassen. Die Forscher erkannten, dass die Füllmuster bei einzelnen 3D-Druckern unterschiedlich ausfallen. Sie ergeben sich aus Parametern wie Druckdüse, verwendetem Filament und Modell.

Ihre Methode testeten die Forscher mit Probedrucken aus 14 handelsüblichen Geräten für SLA- und FDM-Druckverfahren. Fotos dieser Drucke haben sie digital nachbearbeitet, damit die Füllmuster besser zu erkennen sind. Ein Algorithmus untersuchte sie dann auf klar unterscheidbare Merkmale. Das Ergebnis: Er konnte die 14 Geräte mit einer Genauigkeit von 99,8 Prozent unterscheiden. Auch, nachdem die Drucker zehn Monate in Verwendung waren, sank die Trefferquote nicht.

Die Technik namens PrinTracker soll in einer Software für Strafverfolger und Geheimdienste münden. BEN SCHWAN

ENERGIE

Wärmespeicher für Monate

Kasper Moth-Poulsen hat eine Solarthermie-Anlage mit Langzeitspeicher entwickelt. Foto: Johan Bodell/Chalmers University of Technology

Sonnenenergie lässt sich auch ohne Umweg über Strom oder Wasserstoff monatelang speichern. Kasper Moth-Poulsen und seine Kollegen von der schwedischen Chalmers University entwickelten eine Speicherflüssigkeit aus Norbornadien (DOI: 10.1039/C8EE01011K). Dieser Kohlenwasserstoff (C7H8) besteht aus zwei Kohlenstoffringen und wechselt abhängig von der Wärme zwischen zwei Strukturen (Isomeren). Unter der Hitze konzentrierten Sonnenlichts bildet sich das energiereichere Isomer, das sich bei Raumtemperatur über viele Monate lagern lässt. Ein Katalysator wandelt die gespeicherte chemische Energie wieder in Wärme um. Dabei heizt sich die Flüssigkeit um mehr als 60 Grad auf.

Mit einer kleinen Versuchsanlage vollzogen die Forscher bisher knapp 50 Speicherzyklen, wobei die Speicherkapazität um gut sechs Prozent sank. JAN OLIVER LÖFKEN

posten Eltern im Schnitt von ihren Kindern, bis diese 13 Jahre alt sind. Und bis zur Volljährigkeit werden Kinder Gegenstand von rund 70000 Social-Media-Posts, unter anderem durch vernetzte Spielzeuge. Diese Zahlen nennt die britische Organisation Children’s Commissioner.