Was macht ein Unfall-Analytiker?
Unfall-Analytiker sind die Detektive der Straße: Sie versuchen, den Ablauf von Unfällen zu rekonstruieren.
Christian Koch interessiert sich für deformierte Fahrzeuge, schwarze Reifenspuren, Kratzer im Straßenbelag oder verstreute Glasbröckchen. Aus solchen Spuren rekonstruiert der Kraftfahrzeug-Sachverständige den Hergang eines Unfalls. „Jedes Detail zählt“, sagt der Leiter der Fachabteilung Unfallanalytische Gutachten bei der Dekra in München. „Das Splitterfeld, die Lage der Unfallfahrzeuge, Reifenspuren, Fahrbahnbeschädigungen, der Zustand der Haltegurte, das Ausmaß der Verletzungen der Unfallopfer – alle Spuren einer Kollision sind wichtig.“ Besonders aussagekräftig für die Ermittlung der Unfallursache sind die Spuren vor dem Zusammenstoß – also Schleuderspuren, Bremsspuren und Fahrspuren.
Wird der Sachverständige von der Polizei zu einem Unfallort gerufen, macht er Fotos – oft auch per Drohne aus der Luft –, markiert die Spuren auf der Straße mit Farbkreide und vermisst sie mit einem geeichten Messrad oder einem Laser. Dann muss er mit kriminalistischem Spürsinn herausfinden, an welcher Stelle genau beispielsweise zwei Autos kollidiert sind. „Daraus lässt sich meist alles Weitere rekonstruieren“, sagt Koch, der als „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ arbeitet. Die Berufsbezeichnung ist geschützt und an ein abgeschlossenes Studium in einer technischen Fachrichtung – meist Maschinen- oder Fahrzeugbau – sowie eine Prüfung durch die Industrie- und Handelskammer geknüpft.
Auch wenn das Unfallvehikel für Außenstehende nur noch ein wüstes Blechknäuel ist, entdecken Experten immer Hinweise. Wenn etwa der Sicherheitsgurt an manchen Stellen angeschmolzen ist, weil so große Kräfte auf ihn wirkten, weiß der Sachverständige, dass der Gurt angelegt war. Hinweise liefern auch die elektronischen Steuergeräte im Auto. Bei Nutzfahrzeugen zeichnet der Fahrtenschreiber die Geschwindigkeit jede Viertelsekunde auf. In modernen Pkw können auch die Airbag-Steuergeräte Aufschluss über die Fahrzeugbewegung vor dem Aufprall geben.
Am Computer lässt sich mit der Vielzahl der Fotos der Unfallhergang aus allen möglichen Blickwinkeln exakt darstellen – unterstützt von einer umfangreichen Crash-Datenbank, in der unterschiedliche Unfallvarianten hinterlegt sind. JOSEPH SCHEPPACH