MIT Technology Review 3/2019
S. 26
Am Markt

Ausprobiert

Roboter für die Schule

Schüler auf unsere digitale Welt vorzubereiten, ist für deutsche Schulen verpflichtend. Gerade für Grundschulen ist das aber eine Herausforderung. Roboter versprechen Abhilfe. Wir haben Nachhilfe genommen.

Viel Charakter beweist Dash von Wonder Workshop. Der kugelige Roboter erinnert an ein Haustier.

Kaum eingeschaltet, legt er auch schon los. Dash ist sichtlich verwirrt, wo er gelandet ist. Mit leisem mechanischen Surren dreht er abrupt seinen Kopf hin und her und stößt verdutzte Laute aus, die wie ein „Hö?“ klingen. Die Frage „Wo bin ich?“ steht ihm in sein rundes Gesicht geschrieben. Dann düst der kugelige Roboter los und segelt um ein Haar vom Schreibtisch. Ich mache in Gedanken eine Notiz: Nächstes Mal nur direkt auf dem Fußboden einschalten! Dash ist einer der pädagogischen Roboter, die ich getestet habe. Die blinkenden und surrenden Maschinen sollen Schüler spielerisch an die Informatik heranführen.

Denn die spielt in unserem Alltag eine zunehmend bedeutende Rolle. Umso wichtiger ist es, Schüler früh im Umgang mit digitalen Medien zu schulen. Vor zwei Jahren haben sich die Bundesländer mit der Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ denn auch dazu verpflichtet, entsprechende Kompetenzen im Schulalltag zu vermitteln. Das Lernen mit und über digitale Medien soll bereits im Primarbereich beginnen. Gerade dort ist der Unterricht über Algorithmen aber eine Herausforderung – die Lehrkräfte wurden meist nicht entsprechend geschult. Pädagogische Roboter sollen diese Lücke schließen.

Ich habe vier von ihnen getestet: den Klassiker von Lego, das Flaggschiff Mindstorms, und den abgespeckten WeDo für Grundschulen. Außerdem den Dash von Wonder Workshop sowie den Evo von Ozobot. Allen gemein ist eine zugehörige App, sie können aber auch vom Computer aus angesteuert werden. Die Programmieroberfläche ist visuell. Einzelne Anweisungen sind wie Puzzleteile geformt und lassen sich per Drag-and-drop zu kleinen Programmen zusammenstecken.

Lego Mindstorms ist der Klassiker unter den Schulrobotern. Er kann nach Belieben zusammengebastelt werden.

Mindstorms und WeDo: Die Ernsthaften

Vom Mindstorms ist entweder der grau-orange NXT oder die schwarz-rote Neuauflage EV3 in Klassenräumen vertreten. Deren Herzstück ist ein programmierbarer Legostein mit Display, an den Sensoren angeschlossen werden. Die App erlaubt durch eine fest vorgeschriebene Reihenfolge an Tutorials wenig Spielraum. Am Computer geht dafür umso mehr. Nicht nur mit der proprietären Software, auch mit Open Roberta oder fortgeschrittenen Programmieroberflächen wie Matlab können die Schüler ihren Code schreiben.

Der WeDo ist für eine jüngere Zielgruppe ausgelegt. Er bietet weniger Sensoren, kann nur einen Motor ansteuern, und der Steuerstein kann nur ein Programm zur Zeit speichern. Dafür punktet der Roboter mit einem niedlichen Kugelauge, und die App ist altersgerecht mit kleinen Filmen, Geschichten und einem Forschertagebuch ansprechend gestaltet. Möchten die jungen Programmierer beispielsweise den Abstandssensor kennenlernen, zeigt die App zunächst Schritt für Schritt, wie die kleine Forschersonde zusammengesetzt wird. Dann sollen die Kinder Befehle so zusammenpuzzeln, dass die Sonde an ein Objekt heranfährt. Wie viel vorher bleibt sie stehen? Ihre Erkenntnisse können sie direkt mit selbst gedrehten Clips, Fotos und Text festhalten. Weiterführende Fragen wie „Wo könnte so eine Sonde hilfreich sein?“ regen zum Nachdenken an.

Die Lego-Roboter überzeugen durch die große Wandelbarkeit und regen die Kreativität an. Im Klassenzimmer können viele Kleinteile und lange Aufbauzeiten allerdings schnell zu Chaos führen. Lego bietet zu den Robotern kostenlos Unterrichtsmaterialien an. Mindstorms kostet knapp 390 Euro, WeDo 150 Euro. Beide sind im Klassensatz günstiger.

Schneller zusammengebaut als der große Bruder Mindstorms: Die kleine Forschungssonde WeDo von Lego eignet sich für den Vorschulbereich.

Dash: Der Verspielte

Etwas mehr Spielfaktor hat der kugelige Roboter Dash von Wonder Workshop. Denn der knuffige Roboter verhält sich wie eine Mischung aus neugierigem Kleinkind und Haustier. Er folgt beispielsweise Gesprächen, indem er den Kopf in Richtung der Geräuschquelle dreht. Das spricht Kinder ab sechs Jahren auf der emotionalen Ebene an. Erfrischend ist aber auch die App: Statt die Befehle wie gewöhnlich linear aneinanderzuschieben, können die verschiedenen Programmierelemente wie bei einer Mindmap beliebig auf einer grafischen Arbeitsoberfläche platziert und verbunden werden. Das ist intuitiv, kann aber auf Dauer etwas unübersichtlich werden. Nach und nach werden die Funktionen des Dash in der App erlernt. Ist eine Aufgabe geschafft, freut sich der 16 Zentimeter hohe Roboter wortreich und fährt begeistert im Kreis. Bis zu fünf Stunden kann gespielt werden, dann muss er wieder an den Stecker. Einzige Möglichkeit, am Dash herumzubasteln: Verschiedene Accessoires lassen sich aufstecken, etwa ein Katapult für Bälle oder ein Xylophon, auf dem Dash spielt. Dash macht einen robusten Eindruck und hat keine Kleinteile. Die Preisempfehlung des Händlers ist 180 Euro (ohne Aufsätze).

Evo von Ozobot kann dank Abstandssensor einem Finger folgen.

Evo: Der Winzling

Eine ganz andere Richtung der Programmierung schlägt der Evo von Ozobot ein. Nicht viel größer und schwerer als eine Kastanie, orientiert sich die kleine fahrende Halbkugel mit einem Sensor auf der Unterseite und fährt schwarzen Linien nach. Das geht auf drei verschiedenen Wegen: mit vorgedruckten Schablonen, selbst gemalten Filzstiftlinien oder digitalen Strichen auf dem Tablet. Ein Endgerät ist also nicht zwingend notwendig. Ändert sich die Farbe der Linie, wird der Miniroboter aufmerksam. Er reagiert abhängig von der eingelesenen Farbenkombination. Grün-Schwarz-Rot heißt an der nächsten Kreuzung links. Rot-Blau-Rot heißt kurz warten.

Neben der Farbcodierung kann Evo auch klassisch programmiert werden. Insbesondere die Übertragung aus der App ist raffiniert. Sie erfolgt nicht per Bluetooth: Einfach den Roboter auf das Display setzen, über Lichtreize wird der Code überspielt.

Evo eignet sich ab acht Jahren. Mit mitgelieferten Pappschablonen kann der kleine Roboter personifiziert werden. Pädagogisches Begleitmaterial steht zum Download bereit. Der Preis beträgt rund 100 Euro, in Klassensätzen gibt es Mengenrabatt sowie Arbeitsbögen und Lehrermaterial.

 

Fazit

Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung von Robotik im Klassenzimmer ist eine vielseitige und niederschwellige Einsetzbarkeit. Mindstorms, WeDo und Dash sind dafür gute Beispiele. Am meisten überzeugt mich allerdings Evo, da er sich auch ohne PC oder Tablet, sondern nur mit Stift und Papier programmieren lässt.