UMWELT
Tomatengrün statt Plastik
Die Teller riechen nach Zuckerrohr, wenn sie frisch aus der Presse kommen. Sie sehen aus und fühlen sich an wie Pappteller, bestehen aber ausschließlich aus Fasern von Pflanzenresten wie Bananenstauden, Ananas- und Zuckerrohrblättern. Im indischen Bangalore produziert die Hamburger Firma Bio-Lutions daraus Verpackungen, Einweggeschirr und Nierenschalen für den dortigen Markt. Die Pflanzenreste stammen von Bauern, die das Material bisher verbrannt haben.
„Wir nutzen die kompletten Pflanzenfasern, ohne sie vorher chemisch aufzuschließen, wie das in anderen Verfahren üblich ist, etwa zur Gewinnung von Zellulose aus Holz und Stroh“, sagt Firmengründer Eduardo Gordillo. Dabei werden die Pflanzenreste mechanisch so bearbeitet, dass sich Fibrillen in Nano- und Mikrogröße wie Härchen aufstellen und ähnlich einem Klettverschluss miteinander verhaken. Die Masse wird mit Wasser zu einem Brei vermengt und anschließend von Pressmaschinen geformt, wie sie auch in der Papierindustrie zum Einsatz kommen. Der Wasserverbrauch liege mit fünf Litern pro Kilogramm bei einem Bruchteil des Bedarfs klassischer Verpackungen.
Hierzulande plant die Firma eine Fabrik, die Fasern von Tomatenpflanzen und der Energiepflanze Silphie zu Verpackungen und Einweggeschirr pressen will – etwa hitzefeste Kartons als Alternative zu den Einweg-Plastikverpackungen der Essenslieferdienste. Gordillo sieht in Deutschland mehrere Hundert Millionen Tonnen an geeigneten Reststoffen. OLIVER RISTAU