MIT Technology Review 12/2020
S. 98
Karriere
Ausbildung

Was macht ein Chip-Designer?

Vom maschinellen Lernen bis zum elektronischen Sensor: Schon die Bauweise eines Chips legt fest, was er später kann. Chip-Designer ­entwerfen ihn.

Jennifer Mertens hält einen Wafer in der Hand, auf dem die Schaltkreise eingebrannt sind.
Foto: First Sensor AG

Wenn Jennifer Mertens sich vergewissern will, wie gut ihre Arbeit ist, kann sie das zum Beispiel auf der Intensivstation eines Krankenhauses sehen. Dort arbeiten Beatmungsgeräte, für die Mertens eine der wichtigsten Komponenten gefertigt hat: einen Chip, der dafür sorgt, dass der Patient ­immer die richtige Dosis Sauerstoff erhält.

Die 33-Jährige ist Teamleiterin Chip-Design bei First Sensor, einem weltweit tätigen Sensorikunternehmen mit Sitz in Berlin und Teil des Elektronikkonzerns TE Connectivity. Kunden kommen beispielsweise auf sie zu, weil sie einen elektronisch gesteuerten Sensor auf den Markt bringen wollen. Mertens entwirft die nötige Chip-Architektur, berät, was möglich ist und was nicht. Anschließend wird das Design in einer Musterfertigung umgesetzt.

Für den „Sauerstoff-Chip“ hat ihre Arbeitsgruppe zunächst am Computer das Design der Drucksensoren entworfen und ihre Funk­tion in Simulationen getestet und optimiert. „Bevor der erste Prototyp auf den Hof rollt, wurden unzählige Varianten bereits am Computer verworfen“, so Mertens.

Ist der Bauplan in Ordnung, wird er auf eine Maske, genannt Reticle, geschrieben. Diese Schablone wird auf die Siliziumscheibe projiziert, vergleichbar mit einem Diaprojektor, der Fotos an die Wand wirft. Im Reinraum brennen Laserstrahlen dann jenes feine Muster, das Mertens am PC entworfen hat, auf eine runde Platte Silizium, den Wafer. So entsteht das Fundament für die Bereiche auf dem Chip, die analoge Signale in elektrische umwandeln. Diesen zentralen Schritt überwacht Mertens.

Als Chip-Designer müsse man Freude am Zusammenspiel von Design und Prozess haben. „Die Herausforderung ist im Detail mit jeder Kundenanfrage eine neue“, so Mertens.

„Es gibt zwar keinen ­vorgeschriebenen Ausbildungsweg für diesen Beruf“, sagt die Physikerin, die am Genfer Kernforschungszentrum Cern ­promoviert hat. „Doch ein Studium der Elektrotechnik oder der Halbleiterphysik ist unerlässlich.“

Außer ihrer Freude an technischen Herausforderungen schätzt sie eines an ihrem Beruf ganz besonders: „Man kann das Produkt, und sei es auch noch so klein, in den Händen halten. Und man erfährt – wie im Fall des Chips für Beatmungsgeräte – eine innere Befriedigung bei seiner ­Arbeit.“ Joseph Scheppach