Kalkuliertes Sterben
Computer können die Lebensdauer eines Patienten mitunter genauer bestimmen als Mediziner. Manche der Programme lassen jedoch befürchten, dass sie vor allem dem Gesundheitssystem und weniger den Patienten dienen sollen.
Oscar ist ein hübscher Kater. Trotzdem ist er vielen Demenzkranken im US-Pflegeheim Steere House (Rhode Island) nicht geheuer: Der Vierbeiner kann den Tod vorausahnen. Er riecht an Patienten und setzt sich neben Menschen, deren Tod innerhalb weniger Stunden bevorsteht. Die Trefferquote ist dabei so verblüffend, dass es der elfjährige Kater sogar in einen Artikel im renommierten „New England Journal of Medicine“ geschafft hat.
Dieses Gespür hätten Mediziner auch gern. Weil sie den Kater Oscar jedoch nicht klonen können, arbeiten sie an Software-Programmen, die Sterbeprognosen für Schwerkranke errechnen. Mittlerweile sind sie so weit gekommen, dass diese elektronischen Orakel auf Intensivstationen sogar ein Wort bei der schweren Gewissensentscheidung mitreden: Ist der Zustand des Patienten wirklich hoffnungslos? Soll man lebenserhaltende Geräte abschalten – oder doch weiterlaufen lassen?