MIT Technology Review 5/2020
S. 86
Fokus
Open Source
Foto: Shuttersock

Die Gesund-Maker

Wenn Zeit und Geld knapp sind, kann Improvisieren überlebenswichtig sein. Tüftler entwickeln deshalb schon seit Längerem Medizingeräte zum Selberbauen und stellen die Anleitungen dafür ins Netz. Die Corona-Pandemie hat diesem Trend noch einmal einen Schub verliehen

Von Christian Honey und Veronika Szentpétery-Kessler

Stethoskope aus der Kellerwerkstatt

Wenn Tarek Loubani (Foto 1) seine Open-Source-Stethoskope in Krankenhäusern im Gazastreifen vorführt, erntet er oft Skep­sis. Billig und hausgemacht sähen sie aus, sagen viele Ärzte und Studenten. Das stimmt sogar, denn der palästinensisch-kanadische Arzt von der University of Western Ontario stellt die Geräte mit 3D-Druckern des Modells Prusa i3 MK3 in seinem Keller im kanadischen London und im Gazastreifen her. Sobald er aber erzählt, dass er sie in seiner Notaufnahme selbst benutzt, weiche die Skepsis der Kollegen oft der Neugier, berichtet er.

Tarek Loubani fertigt Stethoskope aus Plastikschläuchen, Ordnerhüllen und selbst gedruckten ­Bauteilen.
Foto: Khalil Hamra/AP/Dpa Picture-Alliance

Denn das billige Aussehen ist kein „Bug“, es ist ein „Feature“. Stethoskope und viele andere Medizingeräte sind Mangelware in palästinensischen Krankenhäusern. Loubani, der seit 2011 als Rettungsarzt und Ausbilder ins Gazagebiet reist, wollte nicht mehr hinnehmen, für seine palästinensischen Patienten „oft lebenswichtige Entscheidungen ohne Stethoskop zu treffen“. Ihm wurde klar, dass er sie lokal selbst herstellen muss, und zwar als Open Source. Nur so könne jeder das Gerät nachbauen, bei Bedarf verbessern und Loubani damit wiederum weiterhelfen.