MIT Technology Review 1/2021
S. 86
Fokus
Wandel
Grafik: Shutterstock

Das Geschäft mit der Gewohnheit

Vegetarische und vegane Alternativen zu Fleisch boomen wie nie zuvor. Ist das wirklich ein Zeichen für ein höheres Umweltbewusstsein?

Von Karl-Gerhard Haas

Nach den Hungerjahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs galt es jahrzehntelang in Deutschland Ost wie West als gesetzt: Wer sich täglich Fleisch leisten kann, hat es zu etwas gebracht. Fleischkonsum als Wohlstandsindikator, der tief in unseren Essgewohnheiten verankert ist. Dennoch sind Vegetarismus und Veganismus nichts Neues – aber noch in den 1990er-Jahren wurden seine Anhänger gern als Körnerfresser verspottet; ihre Mahlzeiten belächelte man als ebenso freud- wie geschmacklos.

Inzwischen scheinen vegetarische und vegane Ernährung in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. ­Entsprechende Produkte gibt es nicht nur im alternativen Bioladen, sondern im Sortiment von Supermärkten und Discountern. Manchmal mit zu viel Erfolg: Im Frühjahr 2019 vergrätzte Lidl mit viel zu schnell ausverkauften Beyond-Meat-Burgern potenzielle Kunden. Und das, obwohl die fleischlosen Patties teurer waren als die aus Rindfleisch.