MIT Technology Review 3/2021
S. 38
Horizonte
Digital Health
Mit AR-Hologrammen erklärt die App „Parkinson verstehen“ die Parkinsonkrankheit.
Foto: Pixellab. GmbH

Apphilfe bei Parkinson

Wie Apps unserem Autor helfenwollen, seine Parkinsonkrankheit zumanagen und was er dabei erlebt hat.

Von Boris Hänßler

Wann immer ich meine Hand ruhig hielt, wackelte mein linker Ringfinger. Das war Anfang 2017. Ich bemerkte es nebenbei, und ich ging davon aus, dass es sich um Stress handelte. Der Stress ließ nach, das Zittern nicht. Zum Arzt wollte ich mit dem wackelnden Finger noch nicht, stattdessen lud ich mir die Apps Ada und Babylon Health auf mein Smartphone. Beide simulieren die Anamnese eines Arztes – sie stellen Fragen und versuchen mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz herauszufinden, unter welcher Krankheit ich leiden könnte. Die Ergebnisse waren erschreckend: Babylon schlug Multiple Sklerose vor, fragte aber auch nach, ob es in meiner Familie vielleicht die Parkinsonkrankheit gab. Ada ging gleich von Parkinson aus, der Krankheit, die früher als Schüttellähmung bezeichnet und die von Persönlichkeiten wie Mohammed Ali und Michael J. Fox in die Öffentlichkeit getragen wurde. Dann ging ich doch besser zum Arzt. Die App hatte Recht.

Im Herbst 2017 hatte ich die Diagnose: Morbus Parkinson. Dabei gehen die Nervenzellen in einem bestimmten Bereich des Gehirns zugrunde, der sogenannten „substantia nigra“. Diese „schwarze Substanz“ ist ein Kernkomplex des Mittelhirns, den Eisen und Melanin auffällig schwarz färben. Von dort gehen die Signale aus, mit denen wir Bewegungen planen und beginnen. Die Neurone der substantia nigra produzieren den Botenstoff Dopamin, der die Steuerung von Bewegungen auslöst. Ein Mangel an diesen Nervenzellen bedeutet einen Mangel an Dopamin und das sorgt für die Bewegungsstörungen. Dazu gehört das Zittern, das ich in meinem Finger spüre, aber auch Versteifungen. Die Ursache für den Zellenverfall ist bisher ungeklärt, eine Heilung gibt es nicht. Medikamente mildern Symptome ab. Gesundheits-Apps versprechen Hilfe und werden teilweise als „digitale Pille“ angepriesen. Ob sie diesem Ruf gerecht werden, möchte ich in einem Selbstversuch herausfinden.