MIT Technology Review 3/2021
S. 105
Fundamente
Rückschau

Mit Hilfe von Freunden

An dieser Stelle blicken wir zurück auf Artikel, die vor fünf Jahren in Technology Review erschienen sind. Diesmal: kreative Künstliche Intelligenz.

Das Silicon Valley“, schrieb Technology Review im Mai 2016, „wäre nicht das Zen­trum der Tech-Moderne, würden seine Protagonisten nicht weiter nach Möglichkeiten suchen, die Kreativität auf künstliche Weise zu steigern.“ Eine dieser Möglichkeiten ist die Nutzung künstlicher Intelligenz, die, wenn auch selbst nur eingeschränkt kreativ, zumindest als kreativer Zuarbeiter nutzbar sein soll.

Zwar sei KI noch nicht so weit, echte literarische Texte zu schreiben, sagte beispielsweise der KI-­Forscher Tarek Besold TR vor fünf Jahren. Zur Erstellung von Drehbüchern müsste man KI-Systeme aber schon bald verwenden können. „Nehmen Sie zum Beispiel das Skript für eine Telenovela. Das besteht im Wesentlichen immer aus den gleichen Elementen“, erklärt Besold. „Held und Gegenspieler, Einsamkeit und große Liebe, Geburt oder Tod und Krankheit. Die müssen Sie nur immer wieder neu miteinander kombinieren. Das könnte auch gut eine Maschine machen.“ Manuskripte, die man auf diese Weise erzeugt, würden keine literarischen Preise gewinnen, wären aber „kurz vor der Anwendungsreife“, sagte Besold.

Ganz so schnell ist es mit der schreibenden KI dann doch nicht gegangen. Denn große, mit riesigen Datenmengen trainierte Sprachmodelle wie GPT-3 sind zwar tatsächlich in der Lage, aus ein, zwei hingeworfenen Anfangssätzen eine plausible Geschichte zu machen. Die Software, die auf diesem Gebiet als führend gilt, hat aber noch Schwierigkeiten mit größeren Zusammenhängen. Sprich: Der rote Faden, der sich durch die Geschichten zieht, ist erkennbar kurz und dünn.

Technology Review 5/2016: KI als Helfer für Kreative.

Dafür brilliert kreative KI mittlerweile auf dem audiovisuellen Gebiet. Es gibt zahlreiche Projekte, bei denen Software neue Musikstücke eines bestimmten Stils produziert hat - etwa im Stil der Beatles oder längst verstorbener klassischer Komponisten. Die menschlichen Künstler geben in diesem Fall nur noch das Trainingsmaterial vor und treffen eine Auswahl der Stücke. In anderen Fällen konstruiert KI eine akustische Untermalung zu einem Video oder ergänzt menschliche Musik mit künstlichem Gesang. Und in der Bildverarbeitung erschafft KI Foto-Vorlagen aus einer anderen Perspektive neu, verändert auf Knopfdruck die Beleuchtung einer Szene oder koloriert und belebt historisches Film- und Fotomaterial. Und das ist wahrscheinlich erst der Anfang. Wolfgang Stieler