MIT Technology Review 6/2021
S. 42
Fokus II
Smart Cities

Vernetzte Kanäle

Nach heftigen Niederschlägen lassen alte Kanalnetze ihr Abwasser oft ungeklärt in die Umgebung gelangen. Umbauten sind für die meisten Städte meist unerschwinglich. Kann Elektronik einspringen?

Von Gregor Honsel

An guten Tagen fließt das Abwasser von South Bend, einer Stadt von 100 000 Einwohnern im US-Bundesstaat Indiana, durch 35 Kanäle über vertikale Drosselrohre in einen Sammler, der es zur Kläranlage transportiert. An schlechten Tagen, wenn starker Regen die Kapazität des Sammlers übersteigt, fließt das Abwasser direkt in den Fluss. Durch den Klimawandel wird das künftig noch häufiger passieren.

Wie viele andere Städte – auch in Europa – hat South Bend ein „Mischsystem“, das Abwasser- und Regenrohre kombiniert. Allein in Europa fließen solche Systeme jährlich etwa 650 000 Mal über. In Deutschland sind etwa die Hälfte der Städte mit einem Mischsystem ausgestattet, besonders häufig im Süden und Westen sowie in Thüringen. „Etwa 40 Prozent aller Regenüberlaufbecken in Deutschland zeigen ein auffälliges Überlaufverhalten“, schätzt Ulrich Dittmer, Professor für Wasser, Infrastruktur und Ressourcen an der Uni Kaiserslautern.