MIT Technology Review 3/2022
S. 38
Titel
Fusion

Funktionierende Fusionskraftwerke, meinen Spötter, sind immer 50 Jahre entfernt. Das Start-up Commonwealth Fusion Systems will in nicht mal fünf Jahren den Prototypen eines Fusionsreaktors bauen. Die Chancen des Unternehmens stehen gar nicht mal so schlecht.

Wolfgang Stieler und James Temple

Ein gelber Bagger schaufelt Erde aus einer tiefen Grube in Devens, Massachusetts. Was jetzt noch völlig unspektakulär aussieht, ist die Grundlage für ein ziemlich ehrgeiziges Projekt. Die Grube befindet sich auf einem alten Armeestützpunkt, etwa 80 Kilometer von Boston entfernt. Und dieses Gelände ist die künftige Heimat von SPARC, dem Prototyp eines kompakten Fusionsreaktors. Er soll Energie aus der Verschmelzung von Atomen erzeugen – dem gleichen Prozess, der auch die Sonne antreibt. Und zwar schon sehr bald.

Commonwealth Fusion Systems, das Unternehmen, das den Reaktor baut, geht davon aus, dass die Anlage bereits 2025 laufen wird. Und es kommt noch besser: Sie soll elfmal mehr Energie erzeugen, als sie verbraucht. Dieser Demonstrator soll das Unternehmen in die Lage versetzen, bis Anfang der 2030er Jahre Anlagen in voller Größe zu entwickeln, die so viel Strom wie ein kleines Kohlekraftwerk liefern können. Denn das ist die große Hoffnung bei der Fusion: Eines Tages eine fast unbegrenzte Energiequelle anzapfen zu können, die den steigenden Energiebedarf stillt – und zwar nahezu klimaneutral.