Die Verlockerung

Deutschland hat sich am 20. März locker gemacht. Wenn dieses Heft erscheint, werden sich die Konsequenzen daraus vermutlich schon abzeichnen. Zwei Wochen hat es nach den Karnevals-Feiern gedauert, bis die ohnehin rasant steigenden Infektionszahlen noch mal einen Schub bekommen haben. Der Karneval ist nicht so stark am Infektionsgeschehen beteiligt wie die Superspreader-Events während der Fußball-EM im letzten Sommer, aber viele Kontakte sorgen nun einmal für viele Infizierte, wenn man es mit einem luftübertragbaren, hochinfektiösen Virus zu tun hat. Und wenn man alle Hüllen fallen lässt, während sich das Pandemiegeschehen auf einem Allzeithoch befindet. Noch nie während der Pandemie haben sich so viele Menschen mit dem Virus angesteckt, noch nie war es so nah wie zu dem Zeitpunkt, als die Regierung beschlossen hat: Unsere Bevölkerung braucht unseren Schutz nicht mehr.

Das Perfide an der Situation ist, dass wir trotz Impfung und Medikamenten in einer ähnlichen Situation sind wie am Anfang der Pandemie: Auch Menschen mit einem leichten fiebrigen Infekt befinden sich tagelang in Quarantäne, und wenn das hinreichend viele sind, brechen Infrastrukturen zusammen. Wenn viele Pflegekräfte und Ärzte infiziert sind, ist die Gesundheitsversorgung nicht mehr gesichert – auch wenn nur wenige Covid-Patientinnen und -Patienten auf der Intensivstation landen. Niemand kann vorhersagen, wer nur einen fast symptomlosen kleinen Infekt oder tagelang hohes Fieber entwickelt, aber sicher ist: Unsere Alten und die Immunschwachen sind wieder besonders stark betroffen. Und jeden Tag sterben über 200 Menschen an dem Virus.