MIT Technology Review 4/2022
S. 53
Report
Kolumne

Die Effizienz-Maschine

Die Digitalisierung der Arbeit hat dazu geführt, dass wir immer effizienter werden. Aber wie sollen wir eigentlich im produktiven Dauerstress Zeit finden, um über die Zukunft nachzudenken?

, Illustration: Anna Niedhart
Illustration: Anna Niedhart

Während ich mit einer Covid-Infektion zu Hause bin, schreibe ich an einem Konzept für eine Workshop-Reihe zum Thema „Entschleunigung“. Eine Auftragsarbeit. Dabei merke ich, dass meine Arbeitsrealität und das Konzept in diesem Moment nicht weiter voneinander entfernt sein könnten. Denn anstatt der erhofften Entschleunigung hat die Pandemie das Arbeitsleben eher noch beschleunigt. Dank Videotelefonie, Homeoffice und allerhand digitaler Tools bin ich effizient wie nie. Glaube ich zumindest. Die Digitalisierung scheint eines ihrer größten Versprechen einzulösen: den Effizienzgewinn.

Manchmal blicke ich mitleidig auf die Arbeitsverhältnisse derer, die es vermeintlich nicht so bequem haben wie ich. Meine Schwester ist Chirurgin. Zum Arbeiten muss sie in die Klinik, oft für 25 Stunden am Stück. Im Vergleich zu mir kann sie ihren Arbeitsplatz, den OP-Tisch, aber wenigstens nicht mit nach Hause nehmen. Noch nicht. Denn wenn die Telemedizin weiter Fortschritte macht, operiert sie vielleicht auch bald vom Küchentisch aus.