MIT Technology Review 6/2023
S. 51
Report
Kolumne

Ausbeutung mit globalem Ausmaß

Content-Moderatoren für Konzerne wie Facebook leisten einen wichtigen Dienst an der Gesellschaft, jedoch meist unter jämmerlichen Arbeitsbedingungen. Es wird Zeit, dass sie vom Gesetzgeber gewürdigt und geschützt werden.

Julia Kloiber

„Die im Dunkeln sieht man nicht“, mit diesem Satz aus der Dreigroschenoper beginnt Cengiz Haksöz sein Statement. Cengiz ist Content-Moderator für Meta. Ich sitze neben ihm, als er von seinen Arbeitsbedingungen berichtet. Wir sind an keinem geringeren Ort als dem Deutschen Bundestag. Es ist das erste Mal, dass ein Content-Moderator vor den Abgeordneten des Digitalausschusses spricht.

Es gibt viel zu erzählen, denn die Bedingungen sind prekär. Cengiz berichtet von Tausenden Stunden voller gewaltvoller Beiträge, die er und seine Kollegen sichten müssen. Obwohl Cengiz Inhalte für den Tech-Konzern Meta moderiert, ist er nicht bei Meta angestellt. Content-Moderation ist outgesourct. Cengiz arbeitet für ein Unternehmen, von dem die meisten noch nie gehört haben. Die Inhalte sind so grausam, dass sie lebenslange psychische Schäden hinterlassen. Die psychologische Unterstützung seitens der Arbeitgeber ist unzureichend, die Bezahlung prekär. Zeitdruck und Überwachung sind an der Tagesordnung.