MIT Technology Review 7/2024
S. 28
Titel
Games
Illustration: George Wylesol

Das Erwachen der NPCs

KI-gesteuerte Nicht-Spieler-Charaktere (NPCs) könnten Games und andere virtuelle Welten in etwas völlig Neues verwandeln. Aufregender, eigensinniger – und manchmal ein wenig unheimlich.

Niall Firth (Übersetzung: Wolfgang Stieler)

Ich habe erst vor etwas mehr als einem Jahr angefangen, Videospiele zu spielen. Unser Weihnachtsgeschenk „für die Kinder“, eine Xbox Series S, hat mich – wie sich herausstellte, ziemlich leicht – in die Welt der nächtlichen Gaming-Sessions hineingezogen. Red Dead Redemption 2 (RDR2) hat mich umgehauen. Es ist eines dieser Open-World-Spiele, deren Reiz darin besteht, dass man keine festen Aufgaben erfüllen muss, sondern die Spielewelt komplett auf eigene Faust erkunden kann. Ich ritt auf meinem Pferd durch verschlafene Städte, trank im Saloon, besuchte ein Varieté-Theater und kämpfte gegen Kopfgeldjäger. Eines Tages schlug ich einfach mein Lager auf einem abgelegenen Hügel auf, um Kaffee zu kochen und auf das neblige Tal unter mir hinabzuschauen.

Damit sie sich lebendig anfühlen, werden Open-World-Spiele von einer riesigen Menge computergesteuerter Charaktere bevölkert. Diese animierten Menschen – sogenannte NPCs, für Non-Player-Character oder auf Deutsch Nicht-Spieler-Charaktere – bevölkern die Bars und Straßen der Stadt oder Raumhäfen der Spiele. Sie sorgen dafür, dass sich diese virtuellen Welten bewohnt anfühlen. Oft, aber nicht immer kann man mit ihnen sprechen. Nach einer Weile zwingt einen jedoch das sich stets wiederholende Geplauder, sich der Wahrheit zu stellen: Dies ist nur ein Spiel, die Antworten der NPCs sind streng programmiert. Die Illusion beginnt zu schwinden.