Neues Leben für alte Archive

Rasant wachsende Bestände, eine unübersichtliche Softwarelandschaft, immer neue gesetzliche Anforderungen: Irgendwann ist das alte Dokumentenarchiv am Limit – ein neues muss her. Was ein zukunftssicheres Archivsystem können muss – und wie die Migration gelingt.

Mehr als 36 Millionen Bücher, Zeitschriften, Tonträger und Videos: Wer sich durch den Bestand der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig und Frankfurt am Main lesen und hören möchte, braucht mehrere Leben. Und selbst die reichen nicht, denn die Zahl gibt nur den Stand von 2018 wieder. Weil die zentrale Archivbibliothek der Bundesrepublik Deutschland seit 2006 auch „Medienwerke in unkörperlicher Form“ – sprich: digitale Medien – sammeln muss, wächst der Bestand rasanter denn je.

Für die IT ist das eine enorme Herausforderung. Wie speichert man die gigantischen und immer schneller wachsenden Datenmengen, ohne irgendwann an die Grenzen des verfügbaren Speicherplatzes zu stoßen? Und: Wie schafft man es, dass die Nutzer dennoch in Sekundenschnelle Inhalte finden und lesen können? Vor dieser Frage stand die Deutsche Nationalbibliothek – wie auch viele andere Behörden und Unternehmen, die wachsende Informationsmengen speichern und Altarchive überführen müssen.

Dabei ist nicht allein die schiere Datenmenge das Problem. Es gibt zahlreiche Gründe, warum der Wechsel eines Archivsystems erforderlich sein kann:

  • bei einer Unternehmensübernahme oder -fusion passen die Archivsysteme nicht zusammen;
  • ein Technologiewechsel führt dazu, dass die Softwareschnittstellen nicht mehr mit dem Archivsystem kompatibel sind;
  • die Software des bisherigen Systems wird nicht mehr weiterentwickelt, was zu Inkompatibilitäten und Sicherheitsrisiken führen kann;
  • das alte Archivsystem erfüllt nicht mehr die Anforderungen neuer Compliance-Vorgaben;
  • das alte Archivsystem ist zu komplex, wartungsintensiv und teuer.

Vor dem Wechsel zu einem neuen Archivsystem empfiehlt es sich, das komplette Dokumentenmanagement auf den Prüfstand zu stellen. Dazu gehören technische, rechtliche und organisatorische Aspekte. Daraus ergibt sich ein Archivierungskonzept, das unter anderem Verantwortlichkeiten und Zugriffsrechte regelt, die Form und Struktur der zu archivierenden Daten definiert, das Archivsystem in die bisherige Systemlandschaft einbindet und einen sicheren Betrieb sicherstellt. Und das sollte das neue Archivsystem nicht nur heute gewährleisten, sondern auch noch in fünf oder in zehn Jahren, etwa durch eine Skalierbarkeit ohne Limit und eine Plattformunabhängigkeit.

Genau vor diesen Herausforderungen stand auch die Deutsche Nationalbibliothek.  Zur Verwaltung von bibliothekarischen Metadaten und zur Volltextsuche betreibt sie bewährte Systeme, die man unmöglich ersetzen kann, der organisatorische und finanzielle Aufwand wäre enorm. Gefragt war also ein Archivsystem, das keine eigene Benutzeroberfläche benötigt, sondern das über API-Schnittstellen an die Altsysteme andockt. Die Nutzer sollten nichts davon merken, dass unter der Haube ein neues Archivsystem arbeitet, außer dass die Zugriffe nun viel schneller gehen. Ebenfalls notwendig war der nahtlose Umgang mit möglichst vielen Dateitypen und sehr umfangreichen Streaming-Inhalten, denn auch Videos hat die Bibliothek im Fundus.

Die Deutsche Nationalbibliothek hat sich für yuuvis Momentum entschieden. Das Werkzeug stammt vom deutschen Anbieter Optimal Systems und eignet sich zum Aufbau professioneller Lösungen für das Content- und Informationsmanagement. Es verwaltet beliebig große Datenbestände mit Metadaten – auch mit Milliarden binären Dokumenten egal welchen Dateiformats – und bietet eine schnelle Volltextsuche, auch sehr große oder gestreamte Inhalte verarbeitet das System. yuuvis Momentum basiert auf Microservices, die mit Docker-Containern realisiert und mit Kubernetes or­ches­triert werden – dem State-of-the-Art für Cloud-Platt­formen. Das System läuft auf allen Sys­temen, die Kubernetes unter­stützen – on-premise auf eigenen Rechnern oder auf beliebigen privaten oder öffentlichen Cloud-Diensten sowie in hybriden Szenarien. Ein Übergang ist jederzeit möglich, denn der Code ist auf allen Plattformen derselbe. yuuvis Momentum arbeitet ausschließlich mit offenen Standards und benötigt keine kommerziellen Datenbanken. Das spart Kosten.

Für die Langzeitarchivierung ist yuuvis Momentum ideal – nicht nur für große Bibliotheken, wo Inhalte „für immer“ aufbewahrt werden, sondern ebenso für Behörden und Unternehmen, die Dokumente nach gesetzlichen Standards vorhalten müssen. So können Anwender definieren, wie lange Objekte nicht gelöscht werden dürfen. Zudem gibt es zu jedem Objekt ein manipulationssicheres Audit-Protokoll, das Auskunft gibt, wann welche Veränderungen am Objekt vorgenommen wurden.

Die Deutsche Nationalbibliothek sammelt Werke deutscher Sprache seit 1913. Ob sie diesen Auftrag auch die nächsten hundert Jahre erfüllen kann, lässt sich heute nicht vorhersagen. Mit der neuen Lösung sollen zumindest die technischen Voraussetzungen für die nächsten Jahrzehnte geschaffen werden.

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