"A Plague Tale – Requiem" angespielt: Rattenapokalypse​, Teil zwei

In "A Plague Tale: Requiem" ist alles eine Nummer größer als noch im Vorgänger von 2019. Ein paar Schönheitsfehler gibt es trotzdem.

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(Bild: Focus Home Interactive)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Der Vorgänger "A Plague Tale: Innocence" wurde dank einer herausragenden Atmosphäre zu einem der Überraschungshits des Jahres 2019. Das Entwicklungsstudio Asobo, mittlerweile durch den "Microsoft Flight Simulator" zu neuen Ehren gekommen, hat bei "Requiem" an allen Schrauben gedreht. Die Rattensaga um das Geschwisterpaar Amicia und Hugo ist ein großes Mittelalter-Spektakel, das geschickt die Genres kreuzt.

Die Handlung setzt nahtlos an den Vorgänger an. Amicia und Hugo, mittlerweile mit ihrer Mutter und dem jungen Alchemistenlehrling Lucas wieder vereint, sind weiterhin auf der Flucht. Hugo kann durch eine geheimnisvolle Blutkrankheit die Macula, eine riesige Rattenarmee kontrollieren. Um ihn von diesem Fluch zu befreien, sucht die Familie Hilfe bei einem Orden. Schnell stellt sich heraus, dass die scheinbar harmlosen Priester ihre eigenen Pläne mit Hugo haben. Die Flucht vor dieser neuen Bedrohung führt das Geschwisterpaar nicht nur durch Frankreich, sondern auch zu einer abgelegenen Insel und geheimen unterirdischen Tempeln.

"Plague Tale - Requiem" angespielt (5 Bilder)

Tolles Szenario, Schwächen beim Spielprinzip: "A Plague Tale: Requiem" ist eine spektakuläre Reise ins düstere Mittelalter. (Bild: heise online)

Asobo hat am Spielprinzip kaum etwas geändert. Amicia und Hugo erinnern ein wenig an Joel und Ellie aus "The Last of Us" im 14. Jahrhundert. Sie kämpfen sich in einem Mix aus Schleichabenteuer, Survival-Horror und Action-Abenteuer durch feindliche Ritter und Ratten. Die meiste Zeit steuern Spieler und Spielerinnen die junge Amicia. Sie kann mit ihrer Schleuder tödliche Steingeschosse schießen oder ihre Feinde durch Staubwolken ablenken. Teilweise kann sie auch die Umgebung in Brand setzen und mit ihrer Armbrust gepanzerte Gegner töten. Für ihr Arsenal findet sie ständig Rohstoffe, die sie an Werkbänken verarbeiten kann.

Im Gegensatz zu den menschlichen Gegnern stellen die Ratten das Geschwisterpaar vor andere Probleme. Da die Nager das Licht scheuen, muss Amicia ständig Fackeln sammeln oder Feuer entzünden. Das kann auch eine Waffe sein: Löscht sie nämlich durch einen Steinschleuderwurf die Fackeln ihrer menschlichen Feinde, werden die schnell zum Rattenfutter. Hugo kann in seltenen Momenten die Ratten kontrollieren und wegscheuchen oder auf Menschen hetzen. Nach ein paar Stunden bekommen die beiden auch einen Helfer, den sie auf Befehl in den Kampf schicken können. Im Mix dieser Fähigkeiten ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, um die mitunter großen Areale erfolgreich zu überqueren.

Wenn die beiden entdeckt werden, heißt es meist Game Over. Sie können nur mit viel Glück entkommen, denn die feindlichen Bogenschützen treffen immer, egal aus welchem Winkel – das ist manchmal ein wenig absurd. Da wir eine Vorab-Review-Version hatten, wissen wir aber nicht, ob es vielleicht ein Bug war. Einfacher geht es mit den Nahkämpfern, die Amicia kurz K.O. schlagen oder mit einem Messer töten kann.

In einigen Momenten muss sich Amicia kniffligen Ausdauerkämpfen stellen, bei denen Gegner aus der Ferne erledigt werden sollten. Das ist gar nicht so einfach, denn einige Gegner müssen abgelenkt werden, um tödliche Treffer zu landen. Anderen muss sie erst die Panzerung abschießen. Amicia muss ständig zwischen den Waffen wechseln – in einem hektischen Gefecht kann dann ein Fehler schon frustrierend sein. Hugo kann nur in seltenen Fällen mit seiner Rattenarmee eingreifen.

Was stört: Einerseits will das Szenario authentisch sein, andererseits steht das Spielerische im Weg. Amicia und Hugo müssen nie nach wichtigen Rohstoffen suchen. Die sind immer genau an der Stelle, wo sie gebraucht werden. Selbst nach einem großen Sturm sind die Werkbänke unversehrt, auch wenn das Haus nur noch eine Ruine ist. Wenn dann Amicia am Ende des rund 20-stündigen Spiels bei einer Verfolgungsjagd mit einem Flammenwerfer die Ratten abwehrt, wirkt das sogar ein wenig unfreiwillig komisch.

Neben den Action- und Schleich-Passagen müssen Amicia und Hugo ab und zu kleine Rätsel lösen. Meist müssen sie eine Kurbel betätigen, Wege mit Feuer freilegen oder Karren verschieben, um ein Stockwerk höher zu kommen. Das erinnert ein wenig an "Uncharted" oder "Tomb Raider", ist aber nicht so kompliziert und nur eine angenehme Abwechslung zur bedrückenden Atmosphäre.

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Dieser einzigartige Mix aus realistischem Mittelalter-Szenario, Horror und Fantasy ist auch diesmal wieder der eigentliche Star der Handlung. Im Vergleich zum Vorgänger sind die Schauplätze spektakulärer und detailreicher geworden. In unserer Xbox-Series-Version lösten sich idyllische blühende Täler mit düsteren, rattengeplagten Katakomben ab. Da es neben kleinen Städten jetzt auch auf eine Insel oder in Tempel geht, wirkt "Requiem" deutlich spektakulärer als der Vorgänger. Das apokalyptische Ende ist der audiovisuelle Höhepunkt dieser beklemmenden Reise in ein alternatives Mittelalter.

Auch im zweiten Anlauf gelingt Asobo Studio ein spannender Genremix vor einer beeindruckenden Kulisse. Alles sieht schicker aus und ist um einiges spektakulärer als im Vorgänger. Dieses Jahr gibt es nur wenige Spiele, die so beeindruckend die technischen Möglichkeiten der aktuellen Konsolengeneration ausreizen. Dazu stimmt der Inhalt: Die Story ist spannend, düster und konsequent – das Schicksal von Amicia und Hugo wird niemanden kaltlassen.

Nur manchmal will es Asobo ein wenig zu gut machen. Einige Szenen erinnern eher an "Call of Duty" als an den subtilen Horror des Vorgängers. Auch wackelt die Spielbalance: Einerseits sind die Schleichpassagen und Rätselaufgaben einfach zu meistern, andererseits werden die teilweise harten Kämpfe selbst auf dem "normalen" Schwierigkeitsgrad die Frusttoleranz der Fans strapazieren.

Das sind aber nur Schönheitsfehler: "A Plague Tale: Requiem" ist ein packendes Abenteuer, das mit seiner einzigartigen Atmosphäre noch lange im Gedächtnis bleiben wird.

" A Plague Tale: Requiem" von Asobo Studio erscheint am 18. Oktober für Windows, PS5, Xbox Series und Nintendo Switch (Cloud-Version). Es kostet ca. 60 € und ist im Game Pass enthalten. USK ab 16. Für unseren Artikel haben wir das Spiel mit der Xbox-Series-Version durchgespielt.

(dahe)