"Borderlands: The Pre-Sequel" unter Linux

Mit "Borderlands: The Pre-Sequel" ist ein AAA-Titel direkt zum Starttermin auch für Linux erschienen. Heise open hat sich die neueste Inkarnation des Shooters mit Rollenspielelementen im Cell-Shading-Look unter Linux näher angesehen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 45 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Eine fliegende Stadt schwebt ins Bild, darin eine Frau, die von einem Mädchen und einem großen, muskulösen Mann an einen Metallpfahl gefesselt und von einer anderen mit vielen blauen Tätowierungen verhört wird. Die Charaktere sind bereits aus der Borderland-Spielereihe bekannt: die gefesselte Frau ist Athena, das Mädchen Tiny Tina, der Muskelprotz hört auf den Namen Brick und die tätowierte Dame ist eine Siren mit dem Namen Lilith. Und bei der Stadt handelt es sich natürlich um Sanctuary.

Sobald das Verhör beginnt, geht es an die Charakterauswahl. Jetzt gilt es zu entscheiden, ob man als Wilhelm, Claptrap, Athena oder Nisha spielen möchte – alles Gestalten aus der Borderlands-Reihe, die man bisher aber nicht als Charakter spielen konnte. Wie schon in den vorhergehenden Teilen der Borderlands-Serie bestimmt die Wahl des Charakters, welche besonderen Fähigkeiten man später im Spiel erlernen kann.

Borderlands: The Pre-Sequel (9 Bilder)

Besondere Fähigkeiten

Actionskill: Jeder Charakter verfügt über besondere Fähigkeiten. Athena kann mit dem Schild Aspis Schaden abwehren. Am Ende wird der Schild geworfen und sorgt für zusätzlichen Schaden.

Bei "Borderlands: The Pre-Sequel" handelt es sich wie bei den Vorgängern um einen Shooter mit starken Rollenspiel-Anleihen. Der gewählte Charakter bewegt sich entweder zu Fuß, per Buggy oder mit einem Gleiter über die Mond-Oberfläche, um von Quest zu Quest zu gelangen. Alternativ stehen Fast-Travel-Stationen zur Verfügung, mit denen man im Handumdrehen in bereits besuchte Gebiete zurückkehren kann. Das Spiel ähnelt dem vorausgegangenen "Borderlands 2" sehr, das mittlerweile ebenfalls für Linux verfügbar ist. "The Pre-Sequel" bietet allerdings einen neuen Pool an spielbaren Charakteren und spielt auf Pandoras Mond, Elpis, mit deutlich geringerer Gravitation und ohne Atmosphäre.

Mehr Infos

Das Testsystem

Offiziell unterstützt "Borderlands: The Pre-Sequel" nur Nvidia-GPUs mit dem proprietären Treiber. Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn auch ein System mit AMD-Grafikkarte und den freien Mesa3D-Treibern kam im Test gut mit dem Spiel zurecht.

Der Test fand auf einem vollständig aktualisierten Debian-Testing-System ("Jessie") statt. Alle Grafikeinstellungen standen auf Maximum, die Auflösung betrug 2560×1440 Pixel. VBlank war aktiviert und die Framerate auf 60 FPS begrenzt. In der Datei ~/.local/share/aspyr-media/borderlands\ the\ pre-sequel/willowgame/config/willowengine.ini war die Option "DynamicLights" auf "true" gesetzt. Der CPUfreq-Governor stand auf "performance". Mit einem Intel Core i7 3770K, 16 GB RAM und einer AMD Radeon R9 290 hat das für durchschnittlich 40 bis 50 Bilder pro Sekunde (FPS) gereicht. Allerdings mussten dazu die Mesa3D-Version (10.4.0-devel (git-2883aff3be) mit LLVM 3.6 devel (SVN r219920)) und der Kernel aktualisiert beziehungsweise gepatcht werden, damit der radeonsi-Treiber nicht von Bug #84570 betroffen war. Die verbleibenden Mikro-Ruckler, die von Zeit zu Zeit auftreten, sollen laut Aspyr auch mit den offiziell unterstützten Nvidia-GPUs samt proprietärem Treiber zu beobachten sein.

Die Option "DynamicLights" sorgt für deutlich schönere und aufwändigere Lichteffekte, wurde jedoch von Aspyr deaktiviert, weil das auf vielen Systemen zu übermäßigen Performance-Einbrüchen geführt haben soll. Auf dem Testsystem hat das Aktivieren der Option ungefähr fünf bis zehn FPS gekostet. Die Anzahl der oben beschriebenen Mikro-Ruckler ist subjektiv gefühlt nicht gestiegen.

Das Spiel lief mit den obigen Einstellungen ohne Probleme; die kurzen Ruckler fallen nicht allzusehr auf, da sie bevorzugt nach dem Laden eines Bereichs auftreten.

Die Quests teilen sich in Story-Quests und Nebenaufgaben: Erstere erzählen, wie ein kleiner Hyperion-Programmierer zum Bösewicht Handsome Jack aus Borderlands 2 wurde, letztere bringen ausschließlich Erfahrung, Ausrüstung und Hintergrundwissen. Die Geschichte wird als Rückblende erzählt, wobei auch Lilith, Tiny Tina, Brick, Mordecai und die anderen Crimson Raiders regelmäßig das Geschehen kommentieren.

Die Steuerung, Oberfläche und Ressourcen gleichen denen von Borderlands 2 weitgehend. Doch in der fehlenden Atmosphäre und geringen Gravitation von Elpis verhält sich The Pre-Sequel im Detail dann doch ein wenig anders. So muss man nun auf eine weitere Ressource (Sauerstoff) achten, wenn man sich im Freien bewegt. Da aber dauernd die Möglichkeit zum Nachfüllen besteht, ist das keine echte Herausforderung. Alle Bewegungen sind langsamer, dafür kann man höher und weiter springen. Im Austausch gegen ein bisschen Sauerstoff lassen sich zum Steuern eines Sprungs kleine Düsen an dem sogenannten Oz-Kit aktivieren.

Überhaupt muss man bei The Pre-Sequel viel mehr auf Höhenlevel aufpassen. Die geringe Gravitation erleichtert Angriffe vom Dach eines Gebäudes ebenso wie das Ausweichen mit einem beherzten Sprung. Eine weitere Besonderheit ist der Slam-Angriff, bei dem man mit großer Kraft aus einem Sprung auf dem Boden aufschlägt. Wie bei den Waffen lässt sich auch diese Art von Angriff um Elementar-Schaden erweitern – vorausgesetzt das "Oz-Kit" bietet das an. Ebenfalls wieder mit dabei ist der Schwarzmarkt zum dauerhaften Aufrüsten des eigenen Charakters – allerdings muss man diesmal mit Mondsteinen statt Eridium bezahlen.

Netterweise beteiligt sich der eigene Charakter nun auch an Gesprächen und nimmt nicht nur stumm Aufträge entgegen oder treibt nach Erledigung beim Auftraggeber die Belohnung ein. Einzig das Loot-System von The Pre-Sequel ist verbesserungswürdig. Im Test dauerte es recht lange, bis bessere Gegenstände die eigene Ausrüstung verstärkten. Da das Loot-System, wie auch etwa bei Diablo, maßgeblich zur Langzeitmotivation beiträgt, sollte Gearbox hier noch nachbessern. Ein wenig Linderung verschafft der Grinder, in dem man aus drei Gegenständen und nach Wunsch auch Mondsteinen, einen neuen – hoffentlich besseren – machen kann.

Wer neu ins Borderlands-Universum einsteigt oder wissen will, warum Jack zu dem Bösewicht aus Borderlands 2 geworden ist, wird mit "The Pre-Sequel" allein oder mit bis zu drei Freunden viel Spaß haben. Allerdings ist das Spiel primär "mehr Borderlands 2", die Neuerungen – beispielsweise Laserwaffen – sind sehr vorsichtig dosiert. Das ist nicht per se schlecht, da Borderlands 2 ein unterhaltsames Spiel war, doch hätte "The Pre-Sequel" statt als eigener Vollpreistitel auch gut als Erweiterung für Borderlands 2 erscheinen können. "Borderlands: The Pre-Sequel" ist seit dem 17. Oktober über die Online-Spieleplattform Steam erhältlich. (Kai Wasserbäch/lmd) (lmd)