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Fahrbericht: Elektro-Leichtkraftrad Supersoco TCmax

Ingo Gach

Für das schicke China-Krad mit anständiger Verarbeitung, ansprechenden Fahrleistungen und etwa 100 km urbaner Reichweite scheinen rund 5000 Euro gerechtfertigt.

Wer mal eben in die City fahren will, aber keine Lust auf Öffis oder lange Parkplatzsuche hat, greift gern zum Elektro-Kraftrad. Strombetriebene Roller sind dank ihrer Handlichkeit und ihren kompakten Ausmaßen inzwischen ein häufiger Anblick in den Innenstädten. Aber nicht jeder mag das Konzept mit den kleinen, nervösen Reifendimensionen.

Die chinesische Marke Supersoco – bislang für ihre Elektro-Roller bekannt – hat deshalb die TCmax entworfen. Sie präsentiert sich als Naked Bike mit tankförmiger Batteriehaube und breitem Lenker. Die Batterie liefert Strom für rund 100 Kilometer Reichweite, wenn man sich vorwiegend in der Stadt bewegt. Für das Leichtkraftrad TCmax genügt der "125er-Führerschein" A1 oder die Erweiterung des Autoführerscheins B196. Wir haben uns das schicke Elektromotorrad für einen Test ausgeliehen.

Supersoco baut pro Jahr über 300.000 Elektrokrafträder in China, davon kamen voriges Jahr circa 40.000 Stück in die EU. Die Geschäftsleitung ist clever genug, Rücksicht auf die jeweiligen Märkte zu nehmen und beauftragte für die europäische TCmax ein Design-Studio in Mailand.

Supersoco TCmax (0 Bilder) [1]

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Silberne und mattschwarze Flächen wechseln sich ab und das Heck wird von einem mattsilber lackierten Rahmen getragen. Einen Schuss Retro-Flair steuern der Rundscheinwerfer, die Drahtspeichenräder und die geriffelte Sitzbank bei. Dem steht als Kontrast moderne Technik, wie LED-Licht in Scheinwerfer, Rücklicht sowie Blinkern und eine Upside-down-Gabel am Vorderrad gegenüber. Die Aluminiumschwinge mit den leicht rundlichen Armen setzt einen weiteren auffälligen Akzent.

Mit 800 Millimeter Sitzhöhe eignet sich die Supersoco TCmax auch für kleine Piloten; große Menschen dürften Probleme mit dem Kniewinkel bekommen. Supersoco verbaut einen solide wirkenden Lenker mit einer sauber gefrästen Lenkerklemmung, beides in mattschwarz lackiert. Eine gelungene Aufteilung zeigt das Rundinstrument: links ein analoger Tacho mit km/h- und Meilenskala, rechts ein LC-Display mit Infos über den gewählten Modus, die gefahrenen Kilometer, die Restreichweite und den Batteriestand sowohl als Balkendiagramm als auch in Prozentangabe. Ein Lichtsensor passt die Helligkeit automatisch den Lichtverhältnissen an.

Der Elektromotor ist kein Radnabenmotor wie bei den Rollermodellen von Supersoco, sondern liegt direkt am Schwingedrehpunkt. Der Antrieb zum Hinterrad erfolgt über einen Zahnriemen. Schaltung oder Kupplung sucht man an der TCmax vergeblich, dafür liegen die Hebel für beide Bremsen am Lenker. Hier ist Vorsicht geboten, denn die Verzögerung des Vorderrads erfolgt, wie beim Fahrrad üblich, mit dem linken Bremshebel, woran sich Motorradfahrer erst gewöhnen müssen und am Anfang intuitiv hart am rechten Hebel ziehen.

Zum Glück lässt sich das Hinterrad nicht zum Blockieren bringen, obwohl kein ABS an Bord ist, sondern ein in dieser Klasse gesetzlich vorgeschriebene Kombi-Bremssystem. Immerhin kann die Supersoco Stahlflex-Bremsleitungen vorweisen und die Verzögerung ist im absolut akzeptablen Bereich. Die Fußrastenanlage ist üppig dimensioniert, die Rasten selber weisen feine Zacken für eine sichere Verzahnung mit den Schuhsohlen auf.

Auf einen Zündschlüssel verzichtet Supersoco bei der TCmax, stattdessen bietet sie ein Keyless-go-System. Nähere ich mich mit dem Transponder, geht sie in Fahrbereitschaft und ich kann den Elektromotor mittels des "Power“-Knopf am Lenkkopf aktivieren. Nachdem der Seitenständer eingeklappt ist, leuchtet der Schriftzug "Ready“ im Tacho auf. Das dient unbedarften Naturen als Warnung, dass die TCmax nun scharf geschaltet ist, auch, wenn sie keinen Motor hören. Die Stille setzt sich auch während der Fahrt fort, lediglich das leise Surren des E-Motors und des Zahnriemens dringt in meinen Helm vor.

Die TCmax beschleunigt hurtiger auf 50 km/h als eine 125er mit Verbrennungsmotor. Das geringe Gewicht von nur 101 Kilogramm in Kombination mit den schmalen Reifen (90/80-17 vorne und 120/70-17 hinten) verleihen der Supersoco eine superbe Handlichkeit im Großtstadtgewühl. Allerdings bieten die Pneus des chinesischen Herstellers Cordial keinen sonderlich guten Grip, zumindest bei Regen sollte der Fahrer nicht zu ungestüm in Schräglage gehen. Eine nicht einstellbare und sehr weich abgestimmte Upside-down-Gabel führt das Vorderrad, hinten kommt ein nicht minder softes Federbein zum Einsatz, das schon mal an seine Grenzen stößt, wenn ein Sozius mitfährt.

Der Elektromotor bringt es auf maximal 5,1 kW (6,9 PS) und dauerhaft auf 3,9 kW (5,3 PS). Mit einem Drehmoment von bis zu 150 Nm geht es in der City flott voran. Die TCmax ist nicht auf 45 km/h eingebremst, wie es bei vielen E-Rollern der Fall ist, sondern bringt es auf 95 km/h. Damit lässt es sich auch auf Landstraßen noch gut leben, selbst wenn die Supersoco das Tempolimit nicht ganz ausschöpft.

Supersoco TCmax Details (9 Bilder) [3]

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Der Elektromotor sitzt direkt vor dem Schwingendrehpunkt und treibt das Hinterrad per Zahnriemen an.

Für die letzten km/h bis zum Topspeed braucht sie allerdings etwas Anlauf. Der Akku liefert 3,2 kWh, hat eine Spannung von 72 Volt und 45 Amperestunden. Die TCmax bietet drei Mappings an, die per Schieber rechts am Lenker einstellbar sind: auf 1 beschleunigt die Supersoco bis 60 km/h, auf 2 bis 80 km/h und auf 3 bis 95 km/h. Das beeinflusst wiederum die Reichweite: Wenn zum Beispiel die "Range“-Anzeige im LC-Display nach einiger Fahrzeit auf Stufe 3 nur noch 50 Kilometer Reichweite vermeldet, sind es auf Stufe 2 noch 74 Kilometer und auf Stufe 1 gar knapp über 100 Kilometer.

Zur Entnahme der Batterie muss zunächst per Schlüssel der Deckel der Tankattrappe entriegelt und hochgeklappt werden. Anschließend wird der nur eingelegte Boden des Staufachs entfernt und noch ein Schloss vor der Batterie geöffnet. Bevor das Stromkabel abgezogen wird, sollte man aus Sicherheitsgründen den Sicherungsschalter unter der Sitzbank umlegen.

Die Batterie wiegt 21,9 Kilogramm und kann per Tragegriff entnommen werden, um sie in der Wohnung über Nacht aufzuladen, denn der leere Akku braucht neun Stunden, um wieder zu hundert Prozent geladen zu sein – wer das optionale Schnellladegerät geordert hat, schafft es auch in der halben Zeit. Das Ladekabel passt exakt in den Stauraum der Tankattrappe, das etwas größer dimensionierte Schnellladegerät hingegen leider nicht.

Die Supersoco TCmax erfreut nicht nur als lautloser, sondern auch als schicker Stadtflitzer. Mit 5049 Euro plus 150 Euro Nebenkosten ist sie zwar kein Sonderangebot, angesichts ihrer adretten Erscheinung und ordentlichen Fahrleistungen keinesfalls überteuert.

Bei den Supersoco-Elektrobikes hat sich im Frühjahr eine Sicherheitslücke aufgetan, die wohl noch nicht vollumfänglich behoben zu sein scheint. Der Autor der im Kasten unten verlinkten Geschichte auf heise online wartet noch auf eine Bestätigung vom Hersteller. Er sagt, "es ist zum Teil behoben, aber noch nicht vollständig. Das Authentifizierungsverfahren lässt noch immer zu, dass man Nummern hochzählt und guckt, wo sie nicht registriert sind, um dann Fahrzeuge zu orten."

Hersteller Supersoco
Modell TCmax
Motor und Antrieb
Leistung in kW (PS) 5,1 (6,9)
Drehmoment in Nm 150
Endantrieb Zahnriemen
Fahrwerk
Radaufhängung vorn Upside-Down-Telegabel
Radaufhängung hinten Zweiarmschwinge mit Feder-Dämpferbein
Reifengröße vorn 90/80-17
Reifengröße hinten 120/70-17
Bremsen vorn Einzelscheibe, 240 mm
Bremsen hinten Einzelscheibe, 240 mm
Federweg in mm v/h 120/140
Maße und Gewichte
Radstand in mm k.A.
Leergewicht in kg 101
Sitzhöhe in mm 800
Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit dauerhaft in km/h 95
Reichweite urban 100 km
Daten Stand April 2021

(fpi [5])


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