"Final Fantasy XVI": Pathos, Kitsch und Chocobos

Nicht kleckern, sondern klotzen: In "Final Fantasy XVI" trifft eine spektakuläre Inszenierung auf ein anspruchsloses Spielprinzip.

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(Bild: heise online)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Zahlreiche Fortsetzungen, spielerische Richtungswechsel und einige Spin-Offs – wer bei Square Enix' Rollenspiel-Saga "Final Fantasy" noch den Überblick behalten will, muss schon ein Hardcore-Fan sein. "Final Fantasy XVI" drückt jetzt auf die Rückspultaste und erleichtert auch Neulingen den Einstieg in das FF-Universum. Statt Science Fiction oder Steampunk geht es zurück in das gute alte Mittelalter.

Die Welt Valisthea steht vor dem Abgrund. Während sich sechs Königreiche um die Vorherrschaft streiten, breitet sich eine tödliche Plage aus. Mittendrin sind die sogenannten Domini, Menschen mit der besonderen Gabe, sich in riesige Monster zu verwandeln. Einer von ihnen ist der junge Clive, der nach Rache für den Tod seines Bruders Joshua sinnt. Sein jahrelanger Rachefeldzug führt ihn in einen Befreiungskampf gegen ein böses Magiewesen, das im Hintergrund die Fäden spinnt.

"Final Fantasy 16" im Test (5 Bilder)

Ein großes, anspruchsloses Spektakel: "Final Fantasy 16" macht es sich und den Spielern zu leicht. (Bild: heise online)

Neueinsteiger werden aufatmen: eine Vorkenntnis des riesigen Final-Fantasy-Universums ist nicht nötig. Stattdessen erwartet sie ein Mix aus "Game of Thrones"und ausufernder japanischer Action-Fantasy im Stil von "Godzilla", der mit großem Spektakel seine Kämpfe inszeniert. Alte Fans werden sich auf ein paar Querverweise freuen, wie etwa die Figur des Cid, der in der Reihe immer mal wieder eine entscheidende Rolle spielte oder die Chocobo-Transporttiere.

Oft fühlten wir uns in den Spielstunden in einen interaktiven Film versetzt. Ein paar Meter laufen, bis wir eine minutenlange Filmsequenz auslösen, dann wieder ein paar Momente Interaktion, bis das Gleiche von vorne losgeht. Nur auf längeren Story-Missionen ändert sich das zugunsten der Kämpfe. Das ist besonders gegen Ende hin spektakulär inszeniert, aber davor meist langweilig, kitschig und voller Pathos. Seit dem siebten Teil kennen die Fans solche Momente als Markenzeichen der Reihe. Für uns stoppte es den Spielfluss und zog die Handlung in die Länge.

Spielerisch ist vom Rollenspiel-Ursprung der Reihe kaum etwas übrig geblieben. Stattdessen ist es in den Kampfszenen ein Action-Abenteuer im Stil von "God of War" oder "Devil May Cry" mit dezenten Rollenspielelementen. Clive malträtiert seinen Gegner mit einem Standardangriff und setzt Magieattacken ein. Im Verlauf des Spiels kann er von einer Feuerwand, über Blitze bis zu Eisangriffen aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Magie-Typen wählen. Zwar ist er oft auch mit Helfern wie einem treuen Hund unterwegs, aber sie handeln auf eigene Faust.

Was auf den ersten Blick reizvoll klingt, entpuppt sich in der Praxis als wildes Knöpfchengedrücke. Ausweichen, mit dem Schwert zuschlagen; warten, bis die Ladezeit des nächsten Magieangriffs abgeklungen ist. Für Taktik ist wenig Platz. Die Zeitfenster zum Kontern und Ausweichen sind im Vergleich zu anderen Spielen riesig und können durch Items sogar noch erweitert werden. Das macht das Spiel zu einem anspruchslosen und wenig herausfordernden Actiontrip. Wir haben das Spiel im höchsten der beiden Schwierigkeitsgrade gespielt, sind aber in den rund 30 Spielstunden nur ein paar Mal gestorben. Erst im New Game Plus wird das Spiel spannender und fordert die Reflexe. Warum nicht gleich so?

Dennoch gibt es viel zu sehen. Besonders die Bosskämpfe gegen riesige Ritter oder zwischen gigantischen Gottwesen zählen zu den spektakulärsten Spielmomenten des Jahres. Einmal muss Clive in mehreren Etappen einen Titanen emporklettern. Später fliegt er durch die Lüfte und liefert sich mit seinem Gegner effektvolle Faustkämpfe. Teilweise läuft das leider automatisch ab und endet in anspruchslosen Quick-Time-Events, in der die Spieler nur im richtigen Moment eine Taste rücken müssen.

Bis auf die Inszenierung ist alles an diesem Spiel auf den kleinsten gemeinsamen Nenner gebracht. Spielerisch wird eine große Spielwelt mit Haupt- und Nebenmissionen vorgegaukelt, die sich als Aneinanderreihung wenig abwechslungsreicher Mini-Arenen entpuppt. Die Missionen selbst sind simpel: Rede mit Person A, geh zu Person B und erledige irgendwo ein paar Monster. Dialogoptionen gibt es nicht. Nebenbei kann Clive bestimmte Tiere jagen oder in einer anderen Mission Ausdauerkämpfe bestreiten. Ein automatischer Levelaufstieg, ein Fertigkeitenbaum und ein bisschen Looten sind auch dabei.

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"Final Fantasy XVI" opfert spielerischen Anspruch für spektakuläre Action und melodramatischen Kitsch. Minutenlange Filmsequenzen stören den Spielfluss, während die effektreich inszenierten Kämpfe nur simple Reaktionstests sind. Dennoch kann das Spiel visuell überzeugen – die prächtig inszenierten Bosskämpfe zählen zum eindrucksvollsten, was das Spieljahr bisher zu bieten hat. Was bleibt ist ein anspruchsloses Action-Abenteuer, das sich selbstverliebt in seinen Filmsequenzen sonnt und dabei das Spielerische ganz weit in den Hintergrund rückt.

"Final Fantasy XVI" erscheint am 22. Juni exklusiv für die PS5. Es kostet ca. 70 €. USK ab 16.

(dahe)