Huawei Mate 9 im Test: Nougat-Phablet mit Dual-Kamera

Das Phablet mit großem 5,9-Zoll-Bildschirm soll der Konkurrenz mit erneut schnellerem Prozessor und verbesserter Leica-Dual-Kamera den Rang ablaufen. Kollege Stefan Moellenhoff von techstage hat das 5,9-Zoll-Device seit knapp zwei Wochen im Dauereinsatz. Hier sein Bericht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Stefan Möllenhoff
Inhaltsverzeichnis

Huawei hatte mit dem Mate 9 ein neues High-End-Smartphone mit Android und 5,9-Zoll-Bildschirm vorgestellt. Im Vergleich zum P9 hat der Hersteller bei Prozessor- und Grafikleistung sowie der Kamera nachgelegt, um Apple, Samsung und Co. zu überholen. Kollege Stefan Moellenhoff von techstage hat das Smartphone bereits zwei Wochen im Einsatz; hier sein Videotest:

Hauptausstattungsmerkmal des neuen Huawei Mate 9 ist die in Zusammenarbeit mit Leica entstandenen Doppelkamera auf der Rückseite des Smartphones. Hier findet sich einmal der gleiche bildstabilisierte RGB-Sensor mit 12 Megapixeln, wie er auch im Huawei P9 steckt. Dazu gibt es aber nun einen 20-Megapixel-Schwarzweiß-Sensor ohne Bayer-Maske, der ebenfalls eine Brennweite von 27 Millimetern im Kleinbildäquivalent und ein Öffnungsverhältnis von F2.2 hat. Der nun höher auflösende Schwarzweiß-Chip soll unter anderem einen weitgehend verlustfreien zweifachen digitalen Zoom ermöglichen. Logisch, sind ja eben zusätzliche Details vorhanden, um das 12-Megapixel-Foto beim Hineinzoomen mit Helligkeitsinformationen zu unterfüttern. Nur die Farbinformationen müssen interpoliert werden, was jedoch eben nur die Farbauflösung, nicht aber die Bildschärfe betrifft.

Schließlich gibt es beim Mate 9 auch noch die Möglichkeit, den Fotos eine künstliche Tiefenunschärfe zu verpassen. Dabei nutzt Huawei den Versatz der beiden Kameras, um eine Tiefenkarte zu errechnen und so Hintergrund, Motiv und Vordergrund voneinander zu differenzieren. Per Fingertipp bestimmt der Nutzer, welche Bildbereiche dann scharfgestellt werden sollen. Mit einem virtuellen Öffnungsverhältnis lässt sich die Intensität des Effekts anpassen. Bei sehr geringer Schärfentiefe wirkt der Effekt jedoch schnell künstlich, und es werden Fehler sichtbar.

Das Rauschverhalten der Kamera finde ich persönlich sehr ordentlich. Die Detailwiedergabe ist bei ISO 50 und ISO 100 sehr gut, bei ISO 200 wird ein erstes Gegensteuern der Rauschunterdrückung gegen das Luminanzrauschen sichtbar – in den ersten Feinheiten, beispielsweise bei Haaren, sind Detailverluste sichtbar, wenn man ins Bild hineinzoomt. Bei ISO 400 macht sich dieser Effekt schließlich auch bei ungezoomter Betrachtung bemerkbar. Positiv finde ich, dass die Schärfe bis ISO 1600 einigermaßen stabil bleibt.

Testbilder Huawei Mate 9 (9 Bilder)

Bei ISO 50 sind die Aufnahmen detailliert und erfreulich rauschfrei.

Bis einschließlich ISO 800 nimmt das Rauschen zwar langsam und stetig zu, doch die Farbwiedergabe bleibt sehr stabil. Bei ISO 1600 schließlich beginnt das Mate 9, mit Nachdruck gegen das Farbrauschen des kleinen Bildsensors dagegenzusteuern, und die Fotos wirken deutlich fahler, was sich bei der maximalen Empfindlichkeit von ISO 3200 noch weiter verstärkt. Die Mühe mit dem RAW-Format für ein besseres Rauschverhalten lohnt sich hier jedoch kaum – ich vermute, für die RAW-Fotos wird ausschließlich das Material der 12-Megapixel-RGB-Kamera verwendet. Im JPEG-Modus vergrößert das Mate 9 jedoch quasi die Sensorfläche durch Zuhilfenahme des 20-Megapixel-Schwarzweiß-Chips, was für beachtlich saubere Fotos sorgt. Ich hab mit Camera RAW jedenfalls kein besseres Ergebnis erzielen können – zwei Sensoren sind halt besser als einer.

Wo sich die Mühe mit dem RAW-Format dann allerdings lohnt, sind Fotos von sehr kontrastreichen Motiven. Hier lassen sich in über- und unterbelichteten Bildbereichen noch viele Informationen wiederherstellen. Bei dieser Aufnahme muss ich fairerweise dazusagen, dass ich absichtlich auf die Gebäude belichtet habe, um einen beispielhaft überbelichteten Himmel zu provozieren. Die Automatik hätte hier den Untergrund deutlich dunkler abgebildet, um den Himmel nicht gar so krass zu überstrahlen. Aber dann hätte man eben mit dunklen Gebäuden leben müssen. Die HDR-Funktion hellt übrigens nur dunkle Bildbereiche ein wenig auf und ist damit relativ wirkungsarm.

Mehr Testbilder zum Huawei Mate 9 (10 Bilder)

Weiterhin steht in dunklen Umgebungen auch noch ein Dual-LED-Blitz zur Verfügung, der die Farbtemperatur des ausgestrahlten Lichts an das Umgebungslicht anpassen kann. Dadurch gelingt es, bei Fotos mit Blitz die vorhandene Lichtstimmung zu erhalten. Der Autofokus des Huawei Mate 9 arbeitet sehr flott und in den allermeisten Fällen auch zuverlässig. Zum Fokussieren nutzt die Kamera neben Kontrast- und Phasenvergleichsautofokus auch einen Laser-Autofokus und den Versatz der beiden Kameras zueinander.

Im Videomodus stemmt das Huawei Mate 9 4K-Auflösung. Die Aufnahmen werden dabei im H.264-Nachfolger HEVC kodiert, auch bekannt als – Überraschung – H.265. Das hilft beim Speichersparen, bringt aber auch Nachteile mit sich: Aktuell unterstützt YouTube wie auch viele andere Programme diesen Codec nicht – damit muss man die Aufnahmen vor dem Upload umkodieren. Wer sich die Mühe macht, wird jedoch mit erfreulich detaillierten Videos belohnt, die zumindest bei Tageslicht gegenüber Full-HD noch einmal ein Detailplus bieten.

Die Frontkamera löst zwar „nur“ 8 Megapixel auf, liefert aber schöne Fotos.

Allerdings dürfte in der Regel die Full-HD-Option mehr Sinn ergeben. Der Qualitätsunterschied ist nicht allzu signifikant, und im Full-HD-Modus steht ein effektiver elektronischer Bildstabilisator zur Verfügung, der auch im Gehen gefilmte Clips aussehen lässt wie vom Schwebestativ. Allerdings hatte ich in etlichen Clips Probleme mit einem seltsamen Fokusflimmern.

Dann steht noch eine Zeitlupen-Funktionen zur Verfügung: Bei Full-HD gibt es wahlweise 60 oder 120 fps, bei 1280 x 720 Pixeln sogar 240 Bilder pro Sekunde. Das entspricht einer zwei-, vier- beziehungsweise achtfachen Zeitlupe. Gegenüber den Nicht-Zeitlupen-Aufnahmen ist die Qualität natürlich niedriger, aber durchaus noch brauchbar. Der Klang der Videoaufnahmen ist allgemein erfreulich klar.

Die Frontkamera zu guter Letzt bietet 8 Megapixel und einen Autofokus. Einen Blitz auf der Vorderseite gibt es nicht, dafür schaltet das Mate 9 in dunklen Umgebungen aber das Display ein, um als Blitz zu wirken. Bei Tageslicht ist die Qualität der Fotos erstaunlich gut, bei schwachen Lichtverhältnissen hat die rückseitige Kamera dann merklich die Nase vorne. (keh)