"Mundaun" angespielt: Horror-Meisterwerk​ in Bleistiftoptik

Indie-Entwickler Hidden Fields inszeniert in "Mundaun" einen Bergtrip im Bleistiftlook, der durch seine alptraumhaften Bilder lange im Gedächtnis bleibt.

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(Bild: heise online)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Minimalistisch und doch eines der visuell beeindruckendsten Spiele des Jahres: In der Walking-Sim "Mundaun" entführt der Schweizer Spieldesigner Michel Ziegler die Spieler in die Abgründe seiner Alpträume. Der Bleistiftlook erinnert in seinen besten Momenten an expressionistische Horror-Klassiker wie "Das Cabinet des Dr. Caligari" – rätselhaft, verstörend und einzigartig.

Nachdem sein Großvater gestorben ist, kehrt der junge Curdin nach Jahren in sein altes Heimatdorf zurück. Dort erkennt er schnell, dass hinter der Alpenidylle ein dunkles Geheimnis lauert. Mutig macht er sich alleine auf den verschneiten Weg über klapprige Brücken und steinige Pfade in das Herz des Berges, um die Sünden seiner Vorfahren zu tilgen. Dabei trifft er nicht nur rätselhafte Gestalten, sondern auch grausame Kreaturen, die ihm nach dem Leben trachten.

Mundaun angespielt (5 Bilder)

Rätselhaft, verstörend und einzigartig. "Mundaun" von Hidden Fields ist ein beeindruckendes interaktives Kunstwerk. (Bild: heise online)

"Mundaun" ist ein Mystery-Abenteuer, das im handgezeichneten Bleistiftlook geschickt mit alpenländischen Erzählungen und Mythen spielt. Spieldesigner Ziegler ließ sich in über 6 Jahren Entwicklungszeit von realen Orten und Gebäuden inspirieren. Die Detailversessenheit geht sogar so weit, dass die Figuren im Spiel ihren eigenen rätoromanischen Dialekt sprechen. Aus diesem Mix aus Realität und Folklore entsteht eine ebenso eigenwillige wie eigenartige Geschichte.

Der visuelle Reiz dieses bedrohlichen Szenarios liegt gar nicht so sehr in den cleveren Bleistiftzeichnungen, die ein wenig die mangelnden Details kaschieren, sondern in den surrealen, ausdrucksstarken Bildideen. Heuballen werden zu alles verschlingenden Monstern, schwebende Imker jagen den Protagonisten mit tödlichen Bienenschwärmen und das Herz des Bergs entpuppt sich als Hort des Bösen. Spätestens, wenn Ziegenköpfe anfangen zu reden oder Spiegel den armen Curdin nahezu verschlingen wollen, ist die Grenze zwischen Wahn und Realität verwischt. Alles ist hier ein Ausdruck der Gefühle und Ängste der Protagonisten und ihrer Umgebung. Was vorher idyllisch als majestätische Bergkette aufragt, wird zur expressionistischen Darstellung einer Welt voller Geheimnisse.

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Das Spielerische muss bei dieser visuellen Wucht hinten anstehen. "Mundaun" ist zwar im Kern eine Walking-Sim, die sich durch Story und Atmosphäre definiert, doch wagt es auch den Spagat zur Open-World-Erfahrung. Curdin kann auf seinem Weg jeden Winkel erkunden. Dabei kann er kleine Rätsel lösen, um eine Seilbahn in Gang zu bringen; nach dem Geheimnis hinter dem Spiegel suchen oder ganz einfach Heu sammeln. Selbst Actionszenen fehlen nicht: Der Protagonist nimmt an einem rasanten Schlittenrennen teil und schaltet finstere Gestalten mit Gewehr oder Heugabel aus. Oft muss er sich auch an den Gegnern vorbeischleichen. Schwer ist das nicht, es gibt aber genug zu tun, damit die rund siebenstündige Spielzeit nicht wie im Walking-Sim-Genre üblich im Ablaufen einzelner Stationen endet.

"Mundaun" von Hidden Fields ist ein in Sepia getauchter Alptraum, dem sich neugierige Spieler kaum entziehen können. Mit expressionistischer Wucht frisst sich dieses kleine Kunstwerk durch alpenländische Mythen und inszeniert einen unvergesslichen Horrortrip. Die Hürden des Walking-Sim-Genres kann es trotzdem nicht überwinden: Obwohl es viel zu tun gibt, bleibt die spielerische Herausforderung gering. "Mundaun" ist deshalb vor allem ein Genuss für Spieler, die abseits des Mainstreams nach Abwechslung suchen.

"Mundaun" ist als Download für Windows, PS4, Xbox One erschienen. Es kostet ca. 17 €. USK ab 16. Für unseren Artikel haben wir die Windows-Version durchgespielt.

(dahe)