OpenSuse 11.2 im Test

Bei OpenSuse 11.2 erwarten den Anwender 11.2 eine ganze Reihe Änderungen, darunter das Standarddateisystem Ext4 und der konsequente Umstieg auf den KDE-4-Desktop.

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Von
  • Andrea Müller
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OpenSuse 11.2 ist nun schon die zweite Version in Folge, die widerlegt, dass es in Minor-Releases außer aktuellen Paketen nur wenig Neues gibt. Wie bereits Ubuntu 9.10 Ende Oktober vollzieht auch OpenSuse den Wechsel auf Ext4 als neues Standarddateisystem und führt Neuerungen bei den Systemverwaltungswerkzeugen und dem Desktop ein. Das, wonach Anwender lechzen – aktuelle Software –, haben die Entwickler bei all den tiefgreifenden Neuerungen natürlich auch nicht vergessen.

Zur Installation stehen DVD-Images für 32- und 64-Bit-Systeme zur Verfügung. Alternativ gibt es auch zwei installierbare Live-CDs (wahlweise mit KDE- oder Gnome-Desktop), deren Images sich auch für den Betrieb und die Installation vom USB-Stick eigenen. Das ist besonders für Netbook-Besitzer attraktiv, deren Rechner über kein eingebautes optisches Laufwerk verfügen. Darüber hinaus liegt auch ein Image für eine Netzwerk-Installation bereit, die das Installationssystem und alle Pakete aus den Online-Repositories lädt.

Der Installer präsentiert sich in einem neuen, schicken, dunkelgrün-grauen Gewand und führt auch Linux-unerfahrene Anwender routiniert durch die Installation. Nach der Einstellung von Sprache, Tastatur-Layout und Zeitzone geht es an die Auswahl der Desktop-Umgebung.

OpenSuse schlägt bei der Installation KDE 4 als Desktop-Umgebung vor

Nach heftigen Diskussionen infolge eines Feature-Requests ist hier nun wieder KDE vorausgewählt, da KDE nach einer Umfrage der beliebteste Desktop bei OpenSuse-Anwendern ist, alternativ kann man sich auf der Übersichtsseite für Gnome entscheiden. Unter dem Punkt "Andere" stehen beispielsweise XFCE und ein System im Textmodus zur Auswahl. Von KDE 3 heißt es mit OpenSuse 11.2 Abschied nehmen: Die ältere und von vielen Nutzern wegen ihrer Stabilität geschätzte Version des Desktops wird nicht mehr offiziell unterstützt. Es gibt zwar ein Repository, das die aktuelle KDE-3-Version für OpenSuse enthält, dieses wird allerdings zur Zeit nicht aktiv gepflegt und man darf sich nicht darauf verlassen, Bugfixes zu erhalten.

Die nächste Neuerung folgt bei der Partitionierung: Standardmäßig setzt OpenSuse 11.2 auf das Dateisystem Ext4 und auch Btrfs hat es in den Installer geschafft. Wählt man letzteres aus, blendet der Installer allerdings eine Warnung ein, die darüber informiert, dass Btrfs nicht offiziell unterstützt wird und die Anwender keine Bug Reports dazu einreichen sollen.

In Version 11.2 wechselt OpenSuse auf Ext4 als Standard-Dateisystem

Nach Eingabe des Root-Passworts blendet OpenSuse wie schon in früheren Versionen die Installationsübersicht ein. Hier gilt es aufzupassen: Befindet sich ein Windows-System auf der Festplatte, installiert OpenSuse den Boot-Manager Grub in den Master Boot Record (MBR) der Festplatte, gibt es allerdings nur weitere Linux-Systeme, landet Grub im Bootsektor der Root-Partition.

Was eigentlich recht clever ist, da so ein bereits vorhandener und konfigurierter Grub nicht überschrieben wird, erweist sich als fatal, wenn man OpenSuse in die einzige Linux-Partition auf dem System installiert und damit das bisherige System überschreibt. Der im MBR zurückbleibende Grub findet weder seine Stage- noch die Konfigurationsdatei und man bleibt mit einem unbootbaren System zurück, dass man über eine Rescue-CD wiederbeleben muss. Hat man diese Hürde überwunden, kopiert der Installer das System auf die Festplatte, das bei der Auswahl von KDE an die 2,5 GByte belegt.

OpenSuse schlägt KDE 4 als Desktop-Umgebung vor und öffnet standardmäßig ein Plasmoid mit nützlichen Links.

Gut vorkonfiguriert, ausgesprochen stabil und nicht mehr von Kinderkrankheiten gezeichnet präsentiert sich KDE 4.3 – sogar der lästige Bug mit den sich verschiebenden Panel-Icons beim Ändern der Auflösung ist verschwunden. Anders als in der Vorversion setzt OpenSuse 11.2 komplett auf KDE-4-Anwendungen. Auch Amarok und Digikam und einige weitere Programme, die unter OpenSuse 11.1 noch in der KDE-3-Version installiert wurden, liegen nun in der KDE-4-Variante auf der Festplatte. Standardmäßig sind nur wenige Compositing-Effekte aktiviert, wer wabbelnde Fenstern und spektakuläre Würfeldrehungen beim Desktop-Wechsel will, kann das im KDE-Kontrollzentrum einstellen.

Unter KDE ist nicht länger Konqueror als Standardbrowser eingetragen; diesen Part übernimmt Firefox 3.5.4, den die Entwickler ebenso wie OpenOffice nicht nur optisch gut in die Desktop-Umgebung integriert haben. Konqueror ist selbstverständlich weiterhin mit an Bord und kann über die KDE-Einstellungen auch wieder zum Default-Browser befördert werden. Dort kann man auch die KDE-Desktop-Suche Strigi und Nepomuk aktivieren, die standardmäßig ausgeschaltet sind. Auf unserem Testsystem mit gut gefülltem Home-Verzeichnis erzeugte Strigi allerdings einen unverhältnismäßig großen Index, der fast ebensoviel Platz beanspruchte wie die durchsuchten Inhalte. Strigi sollte man daher nur aktivieren, wenn genug freier Festplattenplatz zur Verfügung steht. Ein Highlight von KDE 4 ist nach wie vor der Desktop-Globus Marble, der nun standardmäßig eine OpenStreetMap-Ansicht bietet. Routenplanung wie mit Google Maps ist damit zwar noch nicht möglich, aber zumindest enthalten die OpenStreetMap-Karten vieler Städte nützliche Zusatzinformationen wie Briefkästen und Bushaltestellen.

Die Gnome-Shell will eine aufgabenoritierte Ansicht aller Aktionen bieten und so Linux-Neulingen und erfahrenen Anwendern gleichermaßen effizienteres Arbeiten ermöglichen.

Hat man sich bei der Installation für Gnome entschieden oder will diese Desktop-Umgebung später auch einmal ausprobieren, muss man sich kaum umgewöhnen. Die Menüs von KDE und Gnome sind nahezu identisch und auch unter Gnome ist Firefox als Standard-Browser eingerichtet. Nutzer, die Gnome out of the box kennen, werden einige Unterschiede bemerken: Anders als unter einem Vanilla Gnome 2.28 richtet OpenSuse nicht Empathy, sondern nach wie vor Pidgin als IM-Client ein. Empathy befindet sich jedoch in den Software-Repositories und kann von dort problemlos nachinstalliert werden. Dasselbe gilt für die Preview-Version der Gnome Shell, die schon jetzt einen Ausblick auf Gnome 3.0 bietet.

Die Software-Ausstattung ist gewohnt üppig und lässt sich durch Aktivieren der bereits in YaST eingetragenen zusätzlichen Repositories erweitern. Neben der Packman-Paketquelle sind auch Repositories mit der jeweils aktuellen KDE-Version und solche mit proprietären Treibern vorkonfiguriert. Direkt nach der Installation schlägt OpenSuse die Installation der AdobeICC-Profile, des Flashplayers und des Skripts fetchmsttfonts vor, das eine Reihe TrueType-Fonts von der Microsoft-Website herunterlädt.

Thunderbird 3.0 liegt in einer Beta-Version bei; die finale Version wird in Kürze erwartet und soll dann auch in den Software-Repositories auftauchen. Für Bürokram bringt OpenSuse 11.2 OpenOffice 3.1 mit, Gimp 2.6.7 kümmert sich um Bildbearbeitungsaufgaben. Für Vektorgrafiken bringt die Distribution Inkscape mit, das man aber ebenso wie Scribus 1.3 nachinstallieren muss. Die Software-Verwaltung mit Zypper haben die Entwickler beschleunigt und dem Tool eine Option spendiert, mit der man Pakete zunächst nur herunterladen kann. Das empfehlen die Entwickler beispielsweise für die neue Option, direkt aus dem laufenden System heraus ein Upgrade zu machen. Sollte dabei der Zugriff aufs Netz verloren gehen, hat man die Pakete auf der Festplatte und steht nicht mit einem inkonsistenten System da.

An der Optik der Qt-Variante der Paketverwaltung, die nun auf Qt 4 basiert, hat das OpenSuse-Team ebenfalls gefeilt: Sie präsentiert sich mit einer übersichtlichen Tab-Ansicht, mit der man leicht den Überblick über Paketgruppen, anstehende Aktualisierungen und gespeicherte Suchen behält.

OpenSuse 11.2 ist ein solides Update, das vor allem Nutzern von KDE 4 viel bringt. Die Desktop-Umgebung läuft stabiler, man muss sich nicht mehr mit einem Mischmasch von KDE-3 und KDE-4-Anwendungen herumschlagen und Firefox und OpenOffice wurden perfekt in die Desktop-Umgebung integriert. Auch Gnome-Nutzer können sich freuen, da sie die aktuelle Version der Desktop-Umgebung mit allen Vorschau-Features auf Gnome 3.0 nutzen können. Ein wenig Nachbesserung wünscht man dem Installer, der bei der Installation des Bootmanagers nicht so intelligent agiert, wie es möglich wäre. Auch die Entscheidung, das nicht offiziell unterstützte Dateisystem Btrfs in den Installer zu integrieren, könnte Anwender verwirren. (amu)
(amu)