Ausprobiert: Raspi-Kamera v2

Kaum ist die zweite Version des Kameramoduls für den Raspberry Pi auf dem Markt, melden sich in Foren Anwender zu Wort, die ihr wenig optische Qualitäten attestieren. Wir haben uns das mal genauer angeschaut.

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Die Raspberry Pi Foundation hat Ende April die zweite Version des Kameramoduls für ihren Einplatinenrechner auf den Markt gebracht. Aufgrund des Produktionsendes des OV5647-Sensors der ersten RasPi-Cam kommt im neuen Modell der IMX219-Sensor von Sony mit 8 Megapixeln Auflösung zum Einsatz.

Allerdings mehren sich in den Foren Meldungen von Käufern des Moduls, dass die Linse nicht sauber fokussiert ist und die Kamera daher unnötig schlechte Bilder macht. So finden sich im Raspberry-Forum mehrere Nutzer, die dieses Problem haben und es auch mit Fotos belegen können: Die alte Kamera mit eigentlich weniger potentem Sensor sowie geringerer Auflösung liefert demnach ein knackigeres Bild ab.

Nachjustieren lässt sich die Linse nicht – sie ist verklebt. Zwei Nutzer haben dennoch kurzerhand die Linse der neuen Kamera komplett entfernt und stattdessen eine andere, passende Optik einer anderen Kameras eingebaut – und umgehend eine schärfere Abbildung erreicht.

Bei ersten praktischen Versuchen konnten wird das Problem mit einer v2-Kamera nachvollziehen. Diese sollte die Vorgängerin bei der Aufgabe ersetzen, Zeitrafferfilme vom Tagesablauf zu machen.

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Beide Videos sind aus Schnappschüssen zusammengesetzt. Betrachtet man zwei davon einzeln im Vergleich und zoomt hinein, so erscheint das Schild am linken Bildrand auf der Aufname der neuen Kamera tatsächlich erstaunlich flau (siehe dazu unsere Bilderstrecke). Auch der verbesserte Weißabgleich mit der neuen Kamera, auf den die Raspberry-Entwickler stolz bei der Vorstellung hinwiesen, läuft jedoch in der Praxis ebenfalls noch nicht so perfekt, wie der Direktvergleich von alter und neuer Kamera zeigt. Das Bild der neuen ist etwas rotstichig und das Blau des Himmels kommt nicht so gut zur Geltung.

Wir wollten der Sache einmal nachgehen und haben mit einem anderen Exemplar der v2-Kamera und einer alten Raspi-Kamera aus unserem Fundus die Kolleginnen und Kollegen von c't Digitale Fotografie in deren Kamera-Testlabor besucht. Die Testfotos, die dabei entstanden sind, sieht man in folgender Bilderstrecke; die drei Referenzbilder (alte Kamera, neue Kamera bei 5 Megapixeln sowie neue Kamera bei 8 Megapixeln gibt es hier auch in Originalauflösung zum Download .

Ausprobiert: Die neue Raspberry-Pi-Kamera (23 Bilder)

Zwei Generationen

Von der Platinengröße und von den Bohrungen her unterscheiden sich die beiden Raspi-Kameras nicht. Die neue (oben) scheint allerdings trotz des Sensors mit mehr Megapixeln keine größere Linse zu haben als ihre Vorgängerin (unten).

Wir stellten fest: Zumindest das in unserem Labor getestete Muster der neuen Raspberry-Pi-Kamera lieferte unter den dortigen Bedingungen bessere Bilder als die alte Kamera und es erwies sich auch als fokussiert – zumindest schon mal auf die Entfernung von rund 70 Zentimeter, bei der sie eine formatfüllende Abbildung der Testtafel liefert.

Allerdings gibt es folgende Einschränkungen: Die Bildqualität, vor allem die Schärfe der Abbildung, nimmt vom Zentrum der Aufnahme zu den Rändern hin deutlich ab, wobei bei unserem Testgerät die linke untere und die rechte obere Ecke des Bilds eindeutig besser gezeichnet waren als die anderen beiden Ecken. Gleichzeitig fällt auf, dass die alte Kamera das Bild viel stärker nachbearbeitet, als es die neue tut: Rauschen wird weggeglättet (und dabei auch versehentlich Details wie Holzmaserung), Buchstaben geschärft, Kontraste betont. Das Ergebnis sind Bilder mit einen oberflächlich knackigeren Eindruck, aber mit weniger Bildinformationen auf Pixelebene. Freilich: Auf Entfernung betrachtet sehen sie erst einmal besser aus als die Bilder der neuen Kamera.

Darüber hinaus man muss den Aufnahmepunkt versetzen, wenn man mit der neuen Kamera denselben Bildausschnitt fotografieren will wie mit der alten – die Optik der v2 ist weitwinkeliger als die der v1, was man schon bei den beiden Zeitraffer-Videos oben erkennt: Die wurden vom selben Standpunkt aus aufgenommen, aber die neue Kamera zeigt mehr von der Szene. Im Labor bedeutete dies: Für eine formatfüllende Aufnahme unserer Testtafel benötigte die alte Kamera eine Distanz von 93 Zentimetern, während die neue Kamera auf 73 Zentimeter heranrücken muss. Ihre Brennweite ist also kleiner, was ein Faktor beim auffälligen Gefälle der optischen Qualität zwischen Zentrum und Rand einer Aufnahme sein könnte.

Da sich manche Käufer der neuen Kamera beschwerten, ihr Modul sei vor allem auf große Entfernungen nicht fokussiert, haben wir auch noch Vergleichsaufnahmen angefertigt, die ein Haus in mehr als 100 Metern Entfernung ins Visier nehmen. Hier konnten wir bei unserem Testexemplar keine Kurzsichtigkeit feststellen.

Derzeit muss man noch die Unterstützung für die vollen 8 Megapixel des Sensors per Hand nachrüsten – ein schlichtes Update der eigenen Raspbian-Jessie-Installation liefert derzeit noch nicht die aktualisierte Version der Kamera-Tools für den Raspi (siehe Kasten unten, Stand 5. Mai 2016). Wer die neue Kamera mit der alten Software benutzt, bekommt lediglich 5 Megapixel große Bilder. In unserem Test haben wir bewusst auch solche Aufnahmen zum Vergleich gemacht. Denn betrachtet man diese, kann man mit Fug und Recht zu dem Schluss kommen, die neue Kamera liefere schlechtere Aufnahmen als die alte.

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Update für 8 Megapixel

Wie bei den Kommentaren zur Meldung über die neue Kamera bei raspberrypi.org beschrieben, ist ein Update nötig, damit die Kamera-Software die vollen 8 Megapixel aus der Pi-Cam v2 herausholt. Vor diesem Update lieferte die neue Kamera in unserem Test übrigens seitenverkehrte Bilder, hinterher nicht mehr.

Für das Update tippt man folgendes in die Kommandozeile ein:

sudo apt-get install cmake
git clone https://github.com/raspberrypi/userland.git
cd userland
./buildme

Anschließend ist noch ein Kernel-Update nötig:

sudo rpi-update

Danach kann man wie gewohnt Bilder schießen, etwa mit:

raspistill -o testbild.jpg

Dass der Sony-Sensor grundsätzlich mehr Potential besitzt als der OV-Chip des Vorgängermodells, wird bei Nachtaufnahmen deutlich. Da kann er seine Stärke ausspielen und liefert klarere Bilder als die alte Raspi-Cam. Der Sensor ist ein echter Fortschritt – allerdings bleibt auch nach unserem intensiven Test das Gefühl, dass ihn die eingebaute Linse in seinem Potenzial beschränkt. Eine größere und präzisere Optik würde den Raspberry Pi sicher scharfsichtiger machen, würde aber auch mehr Geld kosten und das Modul wahrscheinlich auch größer und schwerer machen.

Unsere Laboraufnahmen zeigen, dass die jetzt verbaute Optik des neuen Kameramoduls nicht grundsätzlich so schlecht ist, wie sie von manchen enttäuschen Käufern wahrgenommen wird. Die Bildqualität und Schärfe der 8-Megapixel-Bilder aus der neuen Raspi-Cam erwies sich in unserem Test durchaus als mit der einer einfachen Kompaktkamera oder auch der Kamera des iPhone 5 vergleichbar.

Allerdings gelten unsere Testergebnisse nur für exakt das eine Exemplar des Kameramoduls, das wir im Labor geprüft haben (und das ist nicht identisch mit dem, das die Zeitrafferaufname oben aufgenommen hat). Wie Eben Upton von der Raspberry Foundation inzwischen eingeräumt hat, gibt es große Exemplarstreuungen zwischen den einzelnen Kameras – insbesondere, was deren Fokus angeht. Die Raspberry-Entwickler haben in ihrem Forum inzwischen Untersuchungen zu den Beschwerden über schlechte optische Qualität angekündigt.

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Aus dem Make-Testlabor

Die Make-Redaktion probiert viel mehr aus, als ins alle zwei Monate erscheinende Heft passt. Deshalb veröffentlichen wir auf unserer Webseite in loser Folge weitere Testberichte.

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