Titanic-Bausatz: 9090 Mal stecken bis zum Untergang

Lego macht aus einer der größten Technikkatastrophen der Menschheit ein Stück Klötzchen-Kunst im XXL-Format.

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Von
  • Sven Hansen
Inhaltsverzeichnis

Wer das Set Nummer 10294 aus Legos Creator-Expert-Serie kauft, dürfte schon über die schiere Dimension der Verpackung staunen: Der Titanic-Bausatz aus 9090 Teilen bringt rund 15 Kilo auf die Waage und lässt sich wegen fehlender Griffmulden im Karton nur schwer von A nach B bewegen.

Das Modell des vor über 100 Jahren gesunkenen Titanic-Luxusliners baut man von vorne nach hinten auf. Das Schiff wurde zu diesem Zweck in sechs Teile geschnitten, je zwei sind in einem von drei Bauabschnitten zusammengefasst. Die drei Anleitungen führen in 451 Schritten zum Ziel. Jeden der drei Abschnitte hat Lego in einem separaten Karton verstaut und die Steine wie üblich in nummerierte Plastiktüten verpackt.

Der Bauspaß ist vom ersten Stein an gegeben. Die Alterseinstufung 18+ ist dabei etwas hochgegriffen, denn auch Teenager dürften sich für den Aufbau des Schiffes begeistern. Durch die Segmentierung ist sichergestellt, dass man nur ganz am Ende mit dem gesamten Modell hantieren muss. Bis dahin bleibt die Baustelle recht übersichtlich und das jeweilige Werkstück gut zu handhaben.

Lego-TItanic Inneres (4 Bilder)

Das Innere des Lego-Modells hält kleine aber feine Details bereit, die  Decks mit Kabinen, Betten und Pool sind farbenfroh gestaltet.

Ein Deck der Titanic entspricht etwa der Höhe eines einfachen Legosteins. In Sachen Detailreichtum sollte man also nicht zu viel erwarten. Trotz des Maßstabs ist es den Designern aber gelungen, liebevolle Details unterzubringen und vor allem die Form und Silhouette des Luxusliners perfekt in Legoform zu gießen. Gerade bei der geschwungenen Form des Schiffskörpers ist dies geglückt: Es macht Freude zu sehen, wie unterschiedliche Radien, Schrägen und Neigungen in das von Haus aus rechtwinklige Lego-Universum übersetzt wurden.

Im Innern herrscht ein Farbenwust, der dem Bauherrn den Griff nach dem rechten Stein erleichtern soll. Ästheten werden sich daran stören – praktisch ist es aber schon. Die Bauzeit beträgt für geübte Lego-Profis etwa 15 Stunden. Wenn man es ruhiger angehen lässt oder sich einmal „versteckt“ hat, kann den Aufbau auch länger zelebrieren.

Das fertige Modell der RMS Titanic misst 1,30 Meter. Über einen Steckmechanismus lässt es sich in drei Teile teilen, wobei im Querschnitt einige Details zu erkennen sind: Einzelne Decks mit Kabinen, Betten, einem Pool, Kohlebunker, Kessel und der Maschinenraum gehören dazu. Die technische Ausstattung der Lego-Titanic hält sich jedoch in Grenzen: Im Maschinenraum lassen sich zwei der drei Antriebsschrauben per Hand in Bewegung setzen. An einer Lego-Nockenwelle bewegen sich ein paar Stößel. Wer einen Technikbausatz sucht, sollte lieber zum Lego-Porsche mit funktionierendem Getriebe und Differential greifen.

In der c't-Cafete blickt das fertige Titanic-Lego-Modell über den heise-Garten.

Bespielbar ist die Titanic kaum, für Kinderhände ist sie nicht gedacht. Dafür schaut sie in zusammengebautem Zustand verdammt gut aus, was ihr einen Platz auf dem ein oder anderen Sideboard bescheren dürfte. Die Haube für den Staubschutz sollte man dann nicht vergessen.

Insgesamt schmerzt es auch nach über 100 Jahren, dass bei der Tragödie des Untergangs 1495 Menschen zu Tode kamen, darunter 51 Kinder. Einen Bausatz zum World Trade Center oder zum ICE Wilhelm Conrad Röntgen würde man zu Recht als morbide kritisieren. Auch wenn die Opfer der Titanic-Katastrophe Teil eines historischen Ereignisses sind und die meisten beim Namen Titanic eher an den gleichnamigen Film denken, hätte Lego eine Form der Würdigung finden können. Egal, ob eine Spende pro verkauftem Set an eine Organisation für die Seenotrettung oder ein mit allen Namen gravierter Legostein im Innern: Den Umstand einfach zu ignorieren, war in jedem Fall eine schlechte Idee.

Der Preis von 630 Euro für das Creator-Expert-Set Nummer 10294 ist gesalzen, wobei einen der Anblick der fertigen Lego-Titanic für einiges entschädigt und sich Lego-Bausätze eines recht hohen Wiederverkaufswertes erfreuen. Schade ist, dass Lego dem größten Bausatz aller Zeiten nicht ein wenig mehr Aufmerksamkeit in Sachen Verpackung gewidmet hat. Für 20 Euro mehr hätte man die Titanic beispielsweise in einer standesgemäßen Holzkiste ausliefern können. Auch der redaktionelle Teil der schmucklosen Bauanleitungen hält sich in Grenzen. Zum Schiff und dessen Geschichte hätte sich hier und da sicherlich mehr erzählen lassen. (sha)