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Ubuntu 13.04 im Test

| Dr. Oliver Diedrich

"Raring Ringtail" ist wie gewohnt komfortabel und bringt aktuelle Software, aber nur wenige Neuerungen.

Die Canonical-Entwickler scheinen derzeit mehr mit der Arbeit an Ubuntu Touch [1] beschäftigt zu sein als mit der klassischen Linux-Distribution: Die technischen Neuerungen [2], die Ubuntu 13.04 gegenüber der Vorversion 12.10 bringt, gehören eher in die Kategorie Kosmetik. Hätten sich in "Raring Ringtail" nicht einige Icons des Unity-Desktops geändert, die meisten Anwender würden den Unterschied vermutlich kaum bemerken.

Ubuntu 13.04 (0 Bilder) [3]

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Was man hingegen sehr deutlich merken wird: Die Ubuntu-Entwickler haben ab Version 13.04 den Support für die "kleinen" Releases zwischen den LTS-Versionen von 18 auf neun Monate verkürzt [5]; die LTS-Versionen erhalten weiterhin fünf Jahre Support. Wer Ubuntu 13.04 installiert, muss daher spätestens Anfang nächsten Jahres auf 13.10 upgraden, um weiter Sicherheits-Updates und Bugfixes zu erhalten. Die letzte Nicht-LTS Ubuntu 12.10 wird hingegen noch bis zum Erscheinen der nächsten LTS-Version 14.04 unterstützt, die aktuelle LTS-Version 12.04 bis 2017.

Die Software wurde in Ubuntu 13.04 wie üblich auf den aktuellen Stand gebracht: Die Distribution verwendet den aktuellen Kernel 3.8 [6], der Ubuntu-eigene Unity-Desktop trägt nun die Versionsnummer 7.0. Der Gnome-Unterbau ist allerdings bei Version 3.6 stehen geblieben, das aktuelle Gnome 3.8 [7] hat es nicht mehr in Ubuntu 13.04 geschafft. KDE wurde auf Version 4.10 [8] aktualisiert, LXDE 0.5 und XFCE 4.10 sind beim Versionsstand von Ubuntu 12.10 verblieben. Python wurde auf Version 3.3 aktualisiert; Canonical hat eine Reihe der beiliegenden Python-Programme auf Python 3 umgestellt. Python 2.7 wird jedoch noch installiert.

Neu ist eine eigene Gnome-Version von Ubuntu. Seit Ubuntu 11.10 konnte man die Gnome-Shell zwar nachinstallieren, eine offizielle Variante der Distribution mit vorinstalliertem Gnome-Desktop gab es jedoch nicht – die Ubuntu-Anwender sollten schließlich auf den mit Ubuntu 11.04 eingeführten Unity-Desktop umsteigen. Ubuntu-Gnome verwendet ebenfalls die nicht mehr ganz frische Gnome-Version 3.6, das aktuelle Gnome 3.8 lässt sich aber über das Gnome3-PPA [9] nachrüsten.

Mit LibreOffice 4.0 [10], Firefox 20 [11] und Thunderbird 17.0.5 sind die wichtigsten Desktop-Anwendungen auf dem aktuellen Stand. Als Fotoverwaltung ist Shotwell 0.14.1 enthalten, für Musik ist Rhythmbox 2.98 zuständig. Die direkte Einbindung von Canonicals Musik-Shop Ubuntu One Music in den Musik-Player ist verschwunden: Laut Canonical bietet die Ubuntu-One-Website, die als Web-App in den Launcher integriert ist, mittlerweile bessere Funktionen als das Ubuntu-One-Plugin für Rhythmbox. Über das Software-Center lassen sich zahlreiche weitere Anwendungen übers Netz nachinstallieren. Weder die Softwareverwaltung selbst noch das Programmangebot scheinen sich gegenüber Ubuntu 12.10 sehr verändert zu haben.

Das Ubuntu-eigene Init-System Upstart kann in der neuen Version 1.8 Dateien auf Änderungen überwachen und so beispielsweise einen Virenscan starten, wenn eine Datei in einem bestimmten Verzeichnis abgelegt wird. Außerdem kann Upstart 1.8 [12] User-Sessions kontrollieren; Upstart-Konfigurationsdateien in /usr/share/upstart/sessions/ und ~/.config/upstart legen dann fest, welche Dienste starten, wenn sich ein Anwender anmeldet, und die Verwaltung erfolgt mit initctl. Die User-Sessions müssen aktiviert werden, indem man in der Datei /etc/upstart-xsessions den Eintrag "ubuntu" aktiviert.

Ubuntu Server 13.04 enthält die aktuelle OpenStack-Version 2013.1 [13] "Grizzly". Das Management-Tool Juju liegt in der alten Python-Version 0.7 und in der neuen, in Go geschriebenen Version 1.10 bei, wobei die Python-Variante laut Canonical derzeit noch mehr Funktionen bietet. Das verteilte Cluster-Dateisystem Ceph wurde auf Version 0.56.4 aktualisiert, die NoSQL-Datenbank MongoDB liegt in Version 2.2.4 bei.

Ubuntu 13.04 – Installation (0 Bilder) [14]

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Die Ubuntu-Installation hat sich gegenüber der Vorversion nicht verändert und läuft wie gewohnt reibungslos. Ebenfalls schon in Ubuntu 12.10 eingeführt wurde die Möglichkeit, die gesamte Platte mit dm-crypt zu verschlüsseln – beim Booten muss man dann das Passwort zum Entschlüsseln der Platte angeben. Daneben gibt es nach wie vor die Möglichkeit, das Home-Verzeichnis mit eCryptfs zu verschlüsseln; dabei dient das Anmeldepasswort als Schlüssel. Im Test blieb das Installationssystem in VirtualBox beim Herunterfahren nach Abschluss der Installation hängen, was die Installation aber nicht beeinträchtigte.

Der Unity-Desktop hat sich gegenüber der Vorversion kaum verändert; Canonical begründet den Sprung der Versionsnummer von 6.12 in Ubuntu 12.10 auf 7.0 mit besserer Performance, reduziertem Speicherverbrauch und einigen kleineren Verbesserungen wie einer tippfehlertoleranten Suche im Dash. Bei Programmen, die mehrere Fenster geöffnet haben, zeigt das Icon im Launcher bei einem Rechtsklick jetzt eine Liste der Fenster an; das erleichtert bei vielen Fenstern das Wechseln zwischen den Anwendungen.

Der Desktop hat sich gegenüber Ubuntu 12.10 kaum verändert.

Der Desktop hat sich gegenüber Ubuntu 12.10 kaum verändert.

Die praktischen virtuellen Arbeitsflächen hat Canonical in Ubuntu 13.04 gut versteckt: In den Systemeinstellungen muss sie der Anwender unter "Darstellung" auf dem Reiter "Verhalten" explizit aktivieren. Die Dialoge, die bei Auswahl von "Abmelden" und "Herunterfahren" im Systemmenü angezeigt werden, wurden optisch aufgepeppt und legen sich jetzt halbtransparent über den Desktop.

Die Standardausstattung an Lenses im Dash ist unverändert geblieben: Zur Home-Lense, die standardmäßig auch Treffer von Amazon und Ubuntu One präsentiert, gesellen sich Anzeigen für Anwendungen, lokale Dateien, Kontakte, Musik, Fotos und Videos – die letzten drei suchen auch im Netz und berücksichtigen dann Ubuntu One, Picasa und einige Video-Dienste, darunter Youtube und die Mediathek von 3SAT. Auch hier hat sich nichts gegenüber der Vorversion geändert. Über die Einstellungen zur Privatsphäre kann man die Online-Suche nach wie vor lediglich komplett aktivieren oder deaktivieren: Wer beispielsweise die häufig lästigen Amazon-Kaufempfehlungen im Dash loswerden will, muss auch auf die Youtube-Suche verzichten – oder anfangen, einzelne Lenses auf der Kommandozeile zu deinstallieren.

Ubuntu One richtet jetzt ein Menü im Panel ein.

Ubuntu One richtet jetzt ein Menü im Panel ein.

Wenn man Canonicals Dropbox-Alternative Ubuntu One nutzt, wird jetzt ein Cloud-Menü im Panel eingeblendet. Darüber kann man die Synchronisierung an- und abschalten, den Ubuntu-One-Client, den lokalen Ubuntu-One-Ordner und die Ubuntu-One-Website öffnen und sich einen Überblick über die zuletzt synchroniserten Dateien verschaffen.

Die Einstellungen bei den Online-Konten sind differenzierter geworden; so ist es jetzt beispielsweise möglich, bei Einbindung eines Google-Kontos zwar die Fotosuche auf Picasa ins Dash einzubinden, aber die automatische Übertragung aller Bilder zu Picasa aus Shotwell abzuschalten. Ansonsten scheint sich bei der Einbindung sozialer Netze nicht viel getan zu haben: Das Social-Networking-Tool Gwibber etwa wurde durch ein Programm names Friends in Ubuntu-Phone-Optik ersetzt, das in unserem Test aber nicht mehr im Nachrichtenmenü auftauchte und immer noch nicht mit Google+ umgehen kann. Im Test gelang es uns nicht, die Kontakte-Anwendung mit dem Google-Adressbuch zu verknüpfen.

Angesichts der überschaubaren Neuerungen fällt es schwer, eine Empfehlung für Ubuntu 13.04 auszusprechen: Wer von Ubuntu 12.04 oder 12.10 auf Ubuntu 13.04 umsteigt, verkürzt seinen Support-Zeitraum erheblich und ist dazu gezwungen, in spätestens neun Monaten das nächste Update auf Ubuntu 13.10 vorzunehmen. Überzeugten Ubuntu-Fans, die sowieso immer das neueste Ubuntu und die neuesten Programmversionen einsetzen wollen, wird das egal sein; alle anderen Anwender müssen sich entscheiden, ob sie in Zukunft jedes halbjährliche Ubuntu-Update mitnehmen wollen oder sich auf die LTS-Versionen alle zwei Jahre beschränken.

Ubuntu 13.04 steht als Desktop- und Server-Version in 32 ("i386") und 64 Bit ("amd64") für x86-Systeme zum Download [16] zur Verfügung; die Server-Variante gibt es außerdem in einer Version für ARM-Prozessoren. Die ISO-Dateien des Desktop-Systems sind zu groß für CD-Rohlinge; sie starten von DVD oder USB-Stick ein Live-System, aus dem heraus Ubuntu installiert werden kann. Per UEFI lässt sich lediglich die 64-Bit-Version starten und installieren; um die 32-Bit-Version zu nutzen, muss im Firmware-Setup die BIOS-Unterstützung über das Compatibility Support Module (CSM) aktiviert werden.

Auch die Ubuntu-Varianten Edubuntu, [17] für Schulen, Kubuntu [18] mit KDE-4.10-Desktop, Lubuntu [19] mit LXDE-Desktop, Ubuntu-Gnome [20], UbuntuKylin [21] für chinesische Nutzer [22], Ubuntu-Studio [23] (Multimedia) und Xubuntu [24] mit XFCE-Desktop sind auf Version 13.04 aktualisiert. (odi [25]) (odi [26])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-1849485

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/Beta-von-Ubuntu-Touch-13-04-verfuegbar-1846605.html
[2] https://wiki.ubuntu.com/RaringRingtail/TechnicalOverview
[3] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_1849452.html?back=1849485;back=1849485
[4] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_1849452.html?back=1849485;back=1849485
[5] https://www.heise.de/news/Ubuntu-Kuerzerer-Support-fuer-Zwischen-Releases-1825803.html
[6] https://www.heise.de/hintergrund/Die-Neuerungen-von-Linux-3-8-1804113.html
[7] https://www.heise.de/news/Gnome-3-8-mit-neuem-Classic-Mode-1832412.html
[8] https://www.heise.de/tests/KDE-4-10-Schlauere-Suche-schoenere-Fenster-mehr-QML-1797996.html
[9] https://launchpad.net/~gnome3-team/+archive/gnome3/
[10] https://www.heise.de/news/LibreOffice-4-0-bringt-zahlreiche-Verbesserungen-1799644.html
[11] https://www.heise.de/news/Firefox-20-bringt-privates-Browsen-in-einem-neuen-Fenster-1833472.html
[12] https://www.heise.de/news/Upstart-1-8-meldet-Dateimodifikationen-1829596.html
[13] https://www.heise.de/news/Cloud-Software-OpenStack-2013-1-Grizzly-freigegeben-1835460.html
[14] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_1847465.html?back=1849485;back=1849485
[15] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_1847465.html?back=1849485;back=1849485
[16] http://releases.ubuntu.com/13.04/
[17] http://cdimage.ubuntu.com/edubuntu/releases/13.04/release/
[18] http://cdimage.ubuntu.com/kubuntu/releases/13.04/release/
[19] http://cdimage.ubuntu.com/lubuntu/releases/13.04/release/
[20] http://cdimage.ubuntu.com/ubuntu-gnome/releases/13.04/release/
[21] http://cdimage.ubuntu.com/ubuntukylin/releases/13.04/release/
[22] https://www.heise.de/news/Ubuntu-Kylin-soll-in-China-Referenzsystem-werden-1828942.html
[23] http://cdimage.ubuntu.com/ubuntustudio/releases/13.04/release/
[24] http://cdimage.ubuntu.com/xubuntu/releases/13.04/release/
[25] mailto:oliver.diedrich@heiseopen.de
[26] mailto:odi@ix.de