Nordkorea: Trump hat den Krieg erklärt

Kim Jong-un im gefährlichen Überbietungsduell mit Donald Trump

Nachdem die USA strategische Bomber an der Grenze als Drohung fliegen ließen, sagt Nordkorea, man habe das Recht auf Selbstverteidigung und droht mit Abschuss

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Das nordkoreanische Regime zieht mit den Drohungen des US-Präsidenten Donald Trump gleich, der während seiner Rede auf der UN-Generalversammlung ankündigte, die USA hätten die Kapazitäten, Nordkorea "total zu zerstören". Nordkorea hat daraufhin einen oberirdischen Atomwaffentest angekündigt. Woraufhin am Samstag das Pentagon strategische B-1B-Bomber so nahe wie niemals zuvor an der Grenze zu Nordkorea fliegen ließ. Der nordkoreanische Außenminister Ri Yong-ho reagierte, indem er gestern in New York sagte, Trump habe seinem Land den Krieg erklärt, Pjöngjang habe daher das Recht zur Selbstverteidigung. Mit Trump und Kim Jong-un scheinen sich die Richtigen getroffen zu haben, die immer Stärke zeigen müssen, um Schritt für Schritt die Eskalationsspirale zu drehen, und sich gegenseitig als Verrückte beschimpfen.

Trump hatte nach der Rede des nordkoreanischen Außenministers, der sich über die Bezeichnung von Kim Jong-un als "Raketenmann" beschwerte, den "megalomanen" Trump auf einer "Selbstmordmission" untwerwegs sah und Atomangriffe auf die USA androhte, einmal wieder einen seiner berüchtigten Tweets abgesetzt, der den Konflikt weiter hochschaukelte: "Habe gerade den nordkoreanischen Außenminister auf der UN sprechen gehört. Wenn er Gedanken des Kleinen Raketenmanns wiedergibt, dann wird es sie nicht mehr lange geben." Zuvor hatte er überdies den Iran beschuldigt, mit Nordkorea zusammenzuarbeiten.

Diese Drohung Trumps bezeichnete Ri Yong-ho als Kriegserklärung und fügte seinerseits eine neue Drohung hinzu: "Solange die USA den Krieg erklärt haben, auch dann, wenn amerikanische strategische Bomber nicht über dem nordkoreanischen Luftraum fliegen, werden wir das Recht auf alle Maßnahmen zur Selbstverteidigung wahrnehmen." Das sollte wohl unter anderem bedeuten, dass womöglich Nordkorea das Feuer auf weitere Flüge an der Grenze eröffnen könnte. Tatsächlich lassen solche Drohflüge durchaus die Möglichkeit eines plötzlichen Angriffs zu.

Die mal wieder unbedachte Äußerung des Präsidenten, der auf Gewaltandrohung setzt, ist keine Kriegserklärung, sondern eine Drohung, das betonte auch Sarah Huckabee Sanders, die Sprecherin des Weißen Hauses. Da Trump auf Twitter nur halboffiziell und offenbar ohne seinen Beraterstab unterwegs ist, könnte das aber schnell zu Konflikten führen. Im Pentagon stellte man sich hinter Trump. Leutnant Robert Manning, Sprecher des Pentagon, warnte einmal wieder, dass man, wenn Nordkorea die Provokationen nicht beendet, "dem Präsidenten Optionen bereitstellen wird, um mit Nordkorea umzugehen". Und wenn das vom Pentagon kommt, heißt es, es geht um militärische Aktionen.

Es ist keineswegs nur eine Eskalation der Worte, sondern eine mit dem Zeigen von Waffen geführte Eskalation der Drohungen, die den Ausbruch eines militärischen Konflikts unwillentlich provozieren könnten, wenn die USA große Militärübungen vor Nordkorea durchführen und explizit mit der Verlegung von strategischen Bombern mit Atombomben drohen, während Nordkorea Raketen und Atomwaffen provokativ testet und permanent mit einem nuklearen Gegenschlag droht, sollte es angegriffen werden.

Ist es eine Atombombe oder nicht?

Noch ist zwar unklar, ob Nordkorea tatsächlich eine ballistische Rakete mit einem Atomsprengkopf ausstatten kann, der auch beim Wiedereintritt in die Atmosphäre funktionsfähig bleibt, aber jeder muss nun damit rechnen, dass ein weiterer Raketentest vom Land oder von einem U-Boot aus mit einer Atombombe stattfinden könnte. Gefährlich würde es bereits auch dann, wenn der Abschuss scheitert und die Atombombe hochgeht, wodurch Teile Nordkoreas und Südkoreas kontaminiert werden könnten.

Auch der Versuch eines Abschusses der Rakete wäre hochgefährlich. Wenn eines der US-Raketenabwehrsysteme in einem Ernstfall wirklich erfolgreich sein würde, was eine große Unbekannte ist, könnte beim Start oder beim Wiedereintritt in die Atmosphäre ein ähnliches Szenario für die koreanische Halbinsel, für Japan, Guam oder auch das US-Territorium eintreten.

Und ein Fiasko käme es auch dann, wenn der Versuch, eine nordkoreanische Rakete mit oder ohne Atomsprengkopf abzuschießen, scheitern würde. Das Risiko wäre dann besonders hoch, wenn Nordkorea mehrere oder viele Raketen starten würde. Darauf ist der Raketenabwehrschild nicht ausgelegt und auch nie getestet worden. Ein Scheitern würde die Position Nordkoreas stärken und das Versprechen der USA, die Alliierten zu schützen, zusammenbrechen lassen. Für China und Russland, die weiterhin versuchen, die USA zu mäßigen und den Weg für Verhandlungen frei zu machen, wäre dies ein Triumph, für beide ist das strategische Gleichgewicht durch den Raketenabwehrschild zugunsten von den USA ausgehebelt, weswegen längst wieder eine nukleare Aufrüstung stattfindet.