Telemedizin in Thailand

Thailändisches Arzthaus auf dem Land. Foto: Saijai Junphut

Während sich die Telemedizin in Deutschland noch schwer tut, preschen Länder wie Thailand inzwischen vor und wollen die medizinische Versorgung auf dem Land mit Hilfe der Telemedizin verbessern

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Die medizinische Versorgung in Deutschland baut traditionell auf das Hausarztprinzip. Wenn sich die Versorgung mit Hausärzten im ländlichen Raum verschlechtert, sucht man nach wirtschaftlichen Anreizen, dies zu ändern. Mit technischen Lösungsansätzen tut man sich in Deutschland noch schwer und so gibt es bislang erst in Baden-Württemberg die Möglichkeit, dass Ärzte ihre Patienten aus der Ferne behandeln dürfen. In Thailand hat man heute zumindest auf dem Land noch eine viel niedrigere Ausgangsbasis bei der ärztlichen Versorgung.

Während die medizinische Versorgung in den Provinzhauptstädten und besonders der Hauptstadt Bangkok schon länger internationalen Standards entspricht und praktisch jedes Dorf up-country eine Arztstation besitzt, die für die medizinische Grundversorgung im Krankheitsfalle sorgt und für jeden Bürger bezahlbar ist, wächst derzeit auch auf dem Land die Versorgung mit Krankenwagen, die eine schnelle Einlieferung ins nächste Krankenhaus ermöglichen. Dafür standen auf dem Land in der Vergangenheit keine professionellen Transportmöglichkeiten zur Verfügung, was nicht zuletzt die schnelle Versorgung bei Verkehrsunfällen erschwerte und gerade zum Neujahrsfest Mitte April zu vielen Toten im Straßenverkehr führte.

Um auch die ländliche Bevölkerung in den Genuss einer besseren medizinischen Versorgung kommen zu lassen, hatte Thailand eine auf 20 Jahre ausgelegte Strategie für den Ausbau der medizinischen Versorgung sowie das Programm eHealth Thailand aufgelegt.

Da sich Thailand, das seit den 1970er-Jahren eine staatlich finanzierte Geburtenkontrolle kennt, inzwischen auf dem Weg von einer alternden Gesellschaft zu einer Gesellschaft der Alten befindet und mit dieser Entwicklung zu den Vorreitern der Schwellenländer zählt und aufgrund der durchaus brauchbaren ärztlichen Versorgung sich mit einer steigenden Lebenserwartung seiner Bürger konfrontiert sieht, sucht man nach Möglichkeiten, wie man die medizinische Versorgung auf dem Land mit technischen Mitteln verbessern kann. Und so steigt Thailand seit geraumer Zeit verstärkt in die Telemedizin ein.

Aktuell startet man bis zum vierten Quartal 2019 in 32 Krankenhäusern und -stationen auf dem Land in den acht Provinzen Chiang Rai, Kamphaeng Phet, Kanchanaburi, Kalasin, Phetchabun, Surin, Songkhla und Surat Thani. Hier will man sich im ersten Schritt auf vier Krankheiten konzentrieren: Bluthochdruck, Diabetes, Augen- und Hautkrankheiten.

Verknüpfung von medizinischer Versorgung und IT

Schon seit geraumer Zeit hatte man in Thailand Kliniken mit unterschiedlichen Standards datentechnisch verbunden, so dass auch schlechter ausgestattete Kliniken auf das Wissen zugreifen konnten, das in anderen Kliniken vorhanden ist. Dabei werden solche Projekte üblicherweise nicht nur vom Public Health Ministry, sondern zusammen mit dem Digital Economy and Society Ministry durchgeführt.

Ein weiteres Leuchtturmprojekt ist das Khon Kaen Smart City Project, das im vergangenen Jahr in der Provinzhauptstadt gestartet ist und auf weitere Städte der Region ausgedehnt werden soll.

Dass man in der Provinz Khon Kaen im Nordosten Thailands mit dem Khon Kaen Smart City Project begonnen hat, mag nicht zuletzt der Tatsache geschuldet sein, dass viele Einwohner aus dieser Region als Wanderarbeiter im Raum Bangkok die dort deutlich bessere medizinische Versorgung kennen gelernt hatten und die fehlende Ausstattung mit Krankenhäusern in ihrer Heimat bei der Bevölkerung den Eindruck einer Vernachlässigung hat entstehen lassen. Dies hat sich auch bei Wahlen gezeigt, wo Parteien, die der Familie Shinawatra nahestehen ein deutliches Übergewicht gegenüber den Parteien aus Bangkok und dem Süden hatten.

Die Digitalisierung der medizinischen Versorgung wird in Thailand nicht nur von den Behörden vorangetrieben, sondern auch von privaten Klinikbetreibern. So hat die Samitivej Hospital Group, die in Thailand acht Kliniken betreibt und zum Bangkok Dusit Medical Services (BDMS) gehört, eine Virtual Hospital app vorgestellt, die Dienstleistungen wie Telekonsultation und einen Medikamentenlieferdienst anbietet. Als besonderer Vorteil dieser App wird die Möglichkeit erwähnt, dass man zuvor keinen Termin vereinbaren muss.

Technische Voraussetzungen in Thailand

Während die medizinische Versorgung der ländlichen Bevölkerung in Thailand noch verbesserungsfähig ist, hat sich das Land im technischen Umfeld auch im Vergleich zu Industrieländern einen beachtlichen Stand erarbeitet. So kommen gut ein Drittel aller weltweit verkauften Festplatten aus Thailand und Kameras der Marken Sony und Nikon werden mehrheitlich in Thailand produziert. Auch im Automobilbau hat sich Thailand unter die zehn Länder mit der größten PKW-Produktion heraufgearbeitet.

Auch bei der Abdeckung mit Mobilfunk und schnellem Internet hat Thailand inzwischen so manches Industrieland abgehängt und bietet schon heute Datenvolumina und Geschwindigkeiten an, die man sich beispielsweise in Deutschland von 5G erhofft. Thailand hat sich seit der Asienkrise Ende der 1990er-Jahre mit Riesenschritten zu einem Land entwickelt, das es in vielen Feldern mit Ländern aufnehmen kann, die schon lange als Industrieland bezeichnet werden.

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