Tesla-Werk in Fremont: "Brutstätte für rassistisches Verhalten"

Modern, hip und fortschrittlich? In der Unternehmenskultur schon mal nicht. Foto: Steve Jurvetson / CC-BY-2.0

Der US-Autobauer muss sich erneut vor Gericht verantworten. Mehr als 100 Beschäftigte beklagen, es werde im Unternehmen nicht genug gegen Rassismus getan

Die Fahrzeuge des Elektroautobauers Tesla gelten vielerorts als modern, hip und fortschrittlich. Das Verhältnis des Unternehmens zu seinen Beschäftigten beschreibt ein Arbeitshistoriker von der University of California in einem Bericht der Deutschen Welle (DW) dagegen als aus dem 19. Jahrhundert stammend. Gewerkschaften waren damals noch verpönt - und für Tesla-Chef Elon Musk sind sie es noch heute.

Die Regierung um US-Präsident Joe Biden scheine von ihnen kontrolliert zu sein, sagte Musk auf einer Konferenz in Kalifornien, von der Reuters am Mittwoch berichtete. Erzürnt hatte Musk, dass Biden seinem Unternehmen kürzlich nicht die gleiche Ehrerbietung entgegenbrachte wie den drei Großen der Branche: General Motors, Ford und Stellantis. Von ihnen hatte Biden Vertreter zu sich geladen - Musk durfte nicht kommen. Grund genug, eine Verschwörung der Gewerkschaften zu vermuten, denn rund 150.000 Beschäftigte der drei Unternehmen sind in der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) organisiert, die Musk überhaupt nicht mag.

Die Fabriken von Tesla gelten als gewerkschaftsfreie Zonen; das ist Teil des Geschäftsmodells. Der von der Deutschen Welle zitierte Wissenschaftler erklärte, Unternehmen wie Tesla würden so versuchen, sich der rechtlichen, moralischen und sozialen Verantwortung für die Beschäftigten zu entziehen. Und so wöllten auf diese Weise auch Geld sparen.

"Noch viel wichtiger aber ist die Fähigkeit, nach Belieben zu entlassen und/oder ein hohes Maß an ausbeuterischer Produktion durchzusetzen", sagte er weiter. Teslas Praktiken seien kein Einzelfall, sagten Experten laut DW-Bericht, sondern es seien weitverbreitete Methoden schnell wachsender Firmen, die auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter wenig Rücksicht nehmen.

"Ständig hörst du Sätze wie 'Komm her, Nigger'"

Wie es in den Tesla-Werken zugeht, ist gerade einmal mehr Gegenstand eines Gerichtsprozesses. Die Fabriken seien eine "Brutstätte für rassistisches Verhalten", heißt es demnach in der Anklageschrift, die nun vor einem Gericht in Kalifornien verhandelt wird. Schwarze Mitarbeiter, so die Vorwürfe, seien bei Tesla permanenten und ernsthaften Belästigungen ausgesetzt. Geklagt hatte ein heute 53-jähriger Mann, der in den Jahren 2015 und 2016 in einem Tesla-Werk im kalifornischen Fremont gearbeitet hatte.

"Ständig hörst du Sätze wie 'Komm her, Nigger' oder 'Geh zurück nach Afrika'", schilderte er im Herbst 2018 gegenüber der New York Times. In den Toiletten sollen Hakenkreuze gut sichtbar gewesen sein oder auch das Kürzel "KKK", was für "Ku-Klux-Klan" steht.

Die Konzernvertreter wollen von nichts gewusst haben. Man habe keine Kenntnis über ein mögliches Fehlverhalten von Mitarbeitern, erklärte der Konzern laut DW. Gleichzeitig bekräftigte er, dass man gegen jede Form von Diskriminierung, Belästigung oder unfairen Behandlung sei und jeden Vorfall untersuche. Aber man werde "nie in der Lage sein, jede einzelne Person in der Fabrik von unangemessenem Verhalten abzuhalten".

Sammelklage von mehr als 100 Arbeitern

Der Kläger steht mit seinen Aussagen nicht allein: In einer Sammelklage behaupten über 100 Arbeiter, dass sie im Fremonter Werk mit dem "N-Wort" beleidigt worden wären. Erst im August war Tesla verurteilt worden; der Konzern musste einem anderen ehemaligen Angestellten rund eine Million US-Dollar Entschädigung zahlen. Der Mann hatte nach 17 Monaten in der Fabrik in Fremont wegen Schikanen gekündigt. Dort war er dem Vernehmen nach von Kollegen und Vorgesetzten rassistisch beschimpft worden - und seine Beschwerden wurden ignoriert.

Gewerkschaften könnten diesen Verhältnissen Schranken setzen, doch Tesla setzt alles daran, sie nicht in die Fabriken zu lassen. Die britische Zeitung The Guardian listete kürzlich mehrere Fälle auf, in denen Mitarbeiter auf die Straße gesetzt wurden, nachdem sie sich gewerkschaftlich engagiert hatten.

In dem Bericht wird unter anderem der Fall eines 31-jährigen Mannes geschildert. Mit anderen hatte er in seiner Wohnung über die Gründung einer Gewerkschaft gesprochen, um sich gegen die willkürlichen Vorgaben der Geschäftsleitung wehren zu können. Doch die bekam von dem Treffen Wind. Hatte der Mann bis dahin hervorragende Bewertungen für seine Arbeit erhalten, so wurde er von da an schlecht bewertet.

The Guardian berichtet von Versuchen, Mitarbeiter einzuschüchtern, die im Verdacht standen, Gewerkschaften gründen zu wollen; es sollen auch Beschäftigte überwacht worden sein. Andere wurden vom Sicherheitsdienst aus dem Werk geworfen, weil sie Flyer für die Gründung einer Gewerkschaft verteilten. Schon das Tragen eines T-Shirts mit der Aufschrift einer Gewerkschaft soll ausgereicht haben, um entlassen zu werden.

Ein Tesla-Arbeiter sprach demnach davon, Elon Musk habe einmal gesagt, er stünde den Gewerkschaften neutral gegenüber. Allerdings sei das, was in dem Unternehmen geschah alles andere als neutral. Wer den Gewerkschaften positiv gegenüberstehe, werde schnell aus erfundenen Gründen entlassen. Im Unternehmen herrsche eine Kultur der Angst und Methoden des "Union-Bustings" gehören zur Arbeit des mittleren und oberen Managements. Nach außen dringe kaum etwas. Wer entlassen werde, der werde gedrängt, eine Geheimhaltungsvereinbarung zu unterzeichnen, bevor es den letzten Gehaltsscheck gebe.

Auch in Deutschland zeigt sich Tesla den Gewerkschaften gegenüber nicht von einer freundlichen Seite. Die IG Metall will in der neuen Tesla-Fabrik im brandenburgischen Grünheide einen Tarifvertrag abschließen und die Beschäftigten dabei unterstützen, einen Betriebsrat zu gründen. Bislang wird die Gewerkschaft aber von Elon Musk ignoriert. Stattdessen erklärte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD), nach langen Gesprächen mit dem Arbeitsdirektor von Tesla habe er die Zusage bekommen, dass der US-Konzern in Grünheide die Anwendung deutschen Arbeitsrechts zulassen und die hiesigen Institutionen respektieren wolle. Doch damit sei nicht gesagt, dass die Beschäftigten auch einen Tarifvertrag bekämen.

"Die IG Metall möchte gerne Tarifpartner werden. Dann muss sie sich darum bemühen", so Steinbach. Auf Unterstützung durch das Land Brandenburg kann die Gewerkschaft dabei nicht hoffen: Man respektiere die Tarifautonomie, betonte Steinbach. Die Tesla-Arbeiter dürften es in Zukunft schwer haben, ihre Rechte durchzusetzen; denn Steinbach selbst attestierte dem Unternehmen mangelnde Empathie.