Technology Review Special 2016
S. 88
Digital

Nachruf

Vernetzer der Musik

Mit David Bowie und Prince sind 2016 zwei wichtige Vertreter der Popkultur gestorben. Früh nutzten sie die Möglichkeiten des Internets für den Musikvertrieb.

Für die Popkultur war 2016 ein schweres Jahr. Gleich in der ersten Hälfte verlor sie zwei herausragende Künstler: im Januar David Bowie, der im Alter von 69 Jahren seinem Krebsleiden erlag, im April Prince, der mit 57 Jahren an einer Überdosis eines Schmerzmittels starb. Beide hinterlassen ein umfangreiches Repertoire, das viele andere Musiker beeinflusst hat. Doch ihr Innovationsgeist beschränkte sich nicht auf Popsongs: Auch mit der kreativen Nutzung von Computertechnik betraten sie früh neues Terrain. Überraschend dabei ist, dass Bowie und Prince sehr unterschiedliche Einstellungen zu Technologie entwickelten.

David Bowie: interaktive CDs in den 1990ern, Musikvertrieb über das Internet und ein eigener Provider. Foto: Ddp Images

Beide veröffentlichten bereits 1994 interaktive CD-ROMs. In dem Videogame „Prince Interactive“ erkundet der Spieler eine virtuelle Umgebung, die Prince’ späterem Anwesen Paisley Park ähneln soll. Bowie wiederum brachte „Jump“ heraus, ein Spiel, in dem der Nutzer eigene Versionen des Musikvideos zu dem Bowie-Titel „Jump They Say“ gestalten konnte. 1996 dann stellte der Brite mit dem Song „Telling Lies“ erstmals eines seiner Lieder direkt ins Internet – und erzielte beachtliche 300000 Downloads. Prince zog zwei Jahre später nach: Sein Album „Crystal Ball“ konnten Hörer über seine Homepage beziehen.

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Nachruf

Rudolf Kálmán: Filter für die Welt

Viele Menschen, die wie Steve Jobs, Bill Gates oder Mark Zuckerberg wichtige Beiträge für die transformativen Digitaltechnologien von heute geleistet haben, sind weltberühmt. Von einem aber werden Sie, falls Sie nicht gerade vom Fach sind, noch nie gehört haben: von Rudolf Kálmán, einem brillanten Ingenieur und Mathematiker aus Budapest, der im Juli 2016 im Alter von 86 Jahren in Gainesville im US-Bundesstaat Florida gestorben ist. Ohne ihn hätte es keine Mondlandung gegeben, und auch GPS und viele Zukunftstechnologien wären nicht möglich.

Rudolf Kálmán legte die Grundlagen für viele wichtige Technologien der Gegenwart und der Zukunft. Foto: NAE

Wie Ingenieure nur zu gut wissen, kann man nur steuern, was sich auch messen lässt – und je genauer die Messung, desto besser die Steuerung. Man kann sich also vorstellen, vor welcher Herausforderung die Experten standen, die in den 1960er-Jahren die Flugcomputer für die Apollo-Mission entwickelten. Die Rohdaten dafür – Messungen von Sensoren wie Gyroskopen, Beschleunigungsmessern und Radar – waren voller zufälliger Fehler und unsystematischer Ungenauigkeiten. Wenn man mit hoher Geschwindigkeit auf einen steinigen Mond zurast, kann einem das den ganzen Tag verderben.

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Nachruf

Marvin Minsky: Prophet und Ketzer

Mit Marvin Minsky ist Anfang 2016 der letzte noch lebende Teilnehmer der Dartmouth-Konferenz von 1956 gestorben – der Konferenz also, die als die Geburtsstunde der künstlichen Intelligenz gilt. Minsky wurde 88 Jahre alt. Er war fest davon überzeugt, dass auch der menschliche Verstand nichts weiter als eine komplizierte Maschine sei, und dass die KI-Forschung die Funktion dieser Maschine eines Tages enträtseln würde.

Nach der Blütezeit in den 1950ern und 1960ern sah Marvin Minsky kaum noch Fortschritte bei der KI. Foto: Wikipedia

Doch der glühende Prophet der KI-Forschung, der zuletzt besonders die Rolle von Emotionen für die KI betont hat, trat auch gern als polemischer Kritiker auf. Nach seiner persönlichen Einschätzung habe es in den letzten zehn Jahren keine großen Fortschritte in der KI gegeben, sagte Minsky gegenüber TR. Nur graduelle Verbesserungen von „nicht besonders guten Systemen“. Die 50er- und 60er-Jahre hingegen seien „wundervoll“ gewesen. „Wir haben alle zwei oder drei Tage eine bedeutende Entdeckung gemacht.“

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Nachruf

Lumia-Smartphones: Ab mit Schaden

Im Jahr 2014 sollte alles besser werden: Mit einer einheitlichen Oberfläche für PCs, Tablets und Smartphones – alles verbunden über die eigene Cloud – wollte Microsoft noch einmal durchstarten. Nokia, dessen Handysparte Microsoft für rund fünf Milliarden Euro übernahm, sollte dazu die Hardware liefern.

Elegante Software, gute Hardware – trotzdem war Microsofts Lumia-Telefonen nur ein kurzes Leben beschieden. Foto: Microsoft

Was zunächst kaum einer glauben wollte: Die Neuerfindung gelang. Microsoft – bis dahin ein Synonym für stillosen Software-Brutalismus – entwickelte ein leichtes, elegantes Smartphone-Betriebssystem, für das sich auch Apple nicht geschämt hätte. Und Nokia zeigte mit den Lumia-Phones, dass gute Mobiltelefone nicht immer aus China kommen müssen.