No drive area Berlin?

Grüne: Fahrverbot für Autos mit Verbrenner

Die Berliner Verkehrssenatorin Günther regt generelle Fahrverbote für Autos mit Verbrenner in Großstädten an. Doch für eine Umsetzung dieser Vision fehlt es dem öffentlichen Nahverkehr vielerorts an Attraktivität

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(Bild: Deutsche Bahn AG / Martin Busbach)

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Von
  • Martin Franz
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Die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) regt generelle Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotor in Großstädten an. Sie seien ein technisches Auslaufmodell, sagte Günther der Zeitung Die Welt (Ausgabe vom 13. März 2019). „Diese Fahrzeuge werden hoffentlich in naher Zukunft in keiner Stadt mehr fahren, auch nicht in Berlin.“ Das Konzept der autogerechten Stadt stoße „erkennbar an seine Grenzen“, so die Senatorin. Den Autos müsse künftig weniger Platz zur Verfügung stehen.

Vision

Es gehe nun um ein Konzept für „neue urbane Mobilität“. Dazu solle die Infrastruktur sukzessive so umgebaut werden, dass Fußgänger und Radfahrer besser gesichert sind, so Günther. Der öffentliche Personennahverkehr solle „massiv ausgebaut“, die Busflotte bis 2030 komplett elektrifiziert sein. „Unsere Vision ist es, dass im Jahr 2030 die Menschen aus aller Welt zu uns kommen, um sich anzuschauen, wie gut wir in Berlin das Mobilitätsthema gelöst haben“, sagte die Senatorin.

In diesem Punkt wird Berlin einige Konkurrenz haben, denn andere europäische Hauptstädte haben bereits ähnliches geplant. So will die Londoner City in diesem Jahr in einem begrenzten Versuchslauf ein Verbot für Fahrzeuge mit alleinigem Verbrennungsmotor testen. In der französischen Hauptstadt Paris ist ein flächendeckender Bann für alle Autos mit Verbrenner für das Jahr 2030 anvisiert. In Madrid gibt es bereits heute weitreichende Einschränkungen.

Wo der ÖPNV zulegen muss

Wer von einer weitgehend autofreien Stadt träumt, und in diese Richtung darf die von Frau Günther skizzierte Vision wohl interpretiert werden, muss jedoch Alternativen schaffen, die so attraktiv sind, dass sie im Rennen um die Fahrt in die Stadt stets vorn liegen. Dazu braucht es mehr als nur einen finanziellen Anreiz, der vor einem Jahr so leidenschaftlich diskutiert wurde. Der ÖPNV müsste an Tempo, Komfort, Zuverlässigkeit und nicht zuletzt vielerorts auch an Netzdichte zulegen, um massenhaft heutige Pendler zu überzeugen. Am ehesten dürfte letzteres gelingen, wenn man nicht blind einer lautstarken Minderheit nachgibt, sondern bedenkt, dass ein übermäßiges Anziehen von Stellschrauben in Form von großflächigen Verboten Auswirkungen auf das Gesamtsystem hat – so ehrenwert dieses Anziehen auch gemeint sein mag.

Eine Verkehrswende wird eine Utopie bleiben, wenn nicht massiv in den Öffentlichen Personennahverkehr investiert wird. Damit ist nicht nur eine Umstellung der Busflotte auf E-Motoren gemeint, sondern auch eine Investition in die Kommunikation der Maßnahmen. In München beispielsweise weiß man schon seit Jahren, dass der Nahverkehr zu Spitzenzeiten nah an seiner Kapazitätsgrenze operiert. Die Vorstellung, er könnte ohne weiteres einen relevanten Teil des heutigen Individualverkehrs zusätzlich aufnehmen, ist absurd. Trotzdem hat es Jahre gedauert, bis man sich zum Bau einer zweiten Stammstrecke durchgerungen hat – die durch eine nun angedachte Erweiterung der Pläne voraussichtlich erst 2028 fertig ist.