Missing Link: Digitalisierung befeuert milliardenschwere Untergrundwirtschaft

Seite 2: Buy-Now-Pay-Later-Finanzierung und Blockchain

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Die Buy-Now-Pay-Later-Finanzierung (BNPL) hat in letzter Zeit ebenfalls zugenommen. Solche auch als Point-of-Sale-Ratenkredite bekannten Zahlungsvarianten bietet in der EU etwa Klarna an. Mit deren Beliebtheit sei indes auch die Zahl der BNPL-missbrauchenden Kriminellen nach oben gegangen, konstatiert die Polizeibehörde. Diese nutzten "aktuelle Schwachstellen" im Antragsverfahren solcher aufgeschobener Zahlungen für Diebstahl.

Als Treiber betrachten die Autoren ferner Formen der dezentralen Finanzierung, die den Einsatz der Blockchain zur Ergänzung oder Ersetzung des traditionellen zentralisierten Finanzsystems beinhalten. Die dezentrale Datenbanktechnologie verspreche mehr Unabhängigkeit und Sicherheit, "da sensible Informationen robuster geschützt werden können". Allerdings öffne hier die mangelnde Regulierung des Sektors Tür und Tor für Wirtschaftskriminalität, wenn Straftäter illegale Vermögenswerte auf einschlägigen Plattformen hielten. Die EU-Gesetzgeber haben aber bereits ein umfangreiches Regelwerk für Krypto-Werte beschlossen und das Aus für anonyme Zahlungen besiegelt.

Auch die Nutzung von Kryptowährungen für kriminelle Machenschaften nehme "entsprechend ihrer Gesamtakzeptanzrate zu", behauptet Europol. Es folgt die Einschränkung, dass deren kriminelle Nutzung "immer noch weniger als ein Prozent des gesamten Transaktionsvolumens" ausmache. Potenzielle Täter würden offenbar durch die hohe Volatilität dieser Währungen und durch "einige hochkarätige Erfolge der Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung krimineller Krypto-Währungstransaktionen" abgeschreckt. Dennoch seien Bitcoin, Ethereum, Ripple & Co. immer noch das Ziel betrügerischer Investitionsprogramme und würden auch für eine Vielzahl krimineller Aktivitäten verwendet, die vom Handel mit illegalen Gütern bis zu Betrug und Geldwäsche reichten.

Non-Fungible Tokens (NFTs), die auf Basis von Krypto-Münzen das Eigentum an realen Objekte wie Kunst, Musik und Videos repräsentieren, beschreiben die Verfasser als "einzigartige digitale Identifikatoren, die in einer Blockchain aufgezeichnet werden". Viele Krypto-Börsen böten die immer populäreren NFTs inzwischen auf ihren Plattformen an. Aber auch diese Blockchain-Technik werden häufig für Betrug missbraucht: Kriminelle böten einerseits gefälschte NFTs an und versuchten andererseits, legitime Tokens mehrfach zu verkaufen. Zudem bärgen NFTs "ein erhebliches Geldwäscherisiko, da sie den sofortigen grenzüberschreitenden Handel ermöglichen".

Auch am Metaverse kommt Europol bei der Aufzählung nicht herum. Dabei handle es sich primär um eine Reihe offener und interoperabler virtueller Räume, "die für viele Aspekte des täglichen Lebens genutzt werden können". Der Finanzsektor sei einer der ersten Anwender mit eigenen Präsenzen im Metaversum gewesen. Auch hier seien bereits "Fälle von Betrug, Diebstahl und anderen Straftaten gemeldet werden", Tendenz steigend.

Zudem widmet Europol der Unterwanderung von Geschäfts-E-Mails alias "Zahlungsumleitungsbetrug" einen Abschnitt. Dabei handle es sich um hochprofitable Täuschungen. Diese richteten sich gegen Privatunternehmen und Organisationen in der EU, "die häufig international tätig sind, Überweisungen durchführen und über Lieferantennetzwerke verfügen". Die Chef-Masche alias CEO-Betrug, bei der sich Kriminelle als führende Mitarbeiter auszugeben und Organisationen zu prellen versuchen, sowie gefälschte Rechnungen stellten die häufigsten Kategorien dar.

E-Commerce-Betrug hat die Behörde als "erheblichen und wachsenden Grund für wirtschaftlichen Schaden in den letzten zwei Jahren" identifiziert. Dabei würden etwa Pakete nicht ausgeliefert, Kartenzahlungen vorgetäuscht, gefälschte Tickets oder andere Waren geschickt oder Versandkosten zu hoch angegeben. Dazu komme etwa Betrug bei Kunstwerken oder Unterkünften. Ferner verursachten Rückbuchungen und Nichtzahlungen bei Händlern weltweit finanziellen Schaden.

Ein kriminelles Netzwerk, das "aus Staatsangehörigen verschiedener afrikanischer Länder mit Wohnsitz in der EU" besteht, hat dem Bericht zufolge ein ausgeklügeltes System eingerichtet, das Zahlungsumleitungs- und E-Commerce-Betrug kombiniere. Die Betrüger fälschten E-Mail-Adressen und Webseiten, um sich als legitime Großhandelsunternehmen auszugeben und Bestellungen von anderen Firmen hauptsächlich aus Europa und Asien zu erhalten. Sie verlangten Vorauszahlungen, verschickten die Ware aber nie. Die Erlöse seien über rumänische, von Kriminellen kontrollierte Bankkonten gewaschen und dann an Geldautomaten abgehoben worden.

Ein Beispiel aus dem Verzeichnis für Urheberrechtsverletzungen im großen Stil: Erst im Mai habe Europol den niederländischen Finanzinformations- und Ermittlungsdienst bei der Abschaltung eines illegalen IPTV-Dienstes unterstützt, der über eine Million Nutzer in ganz Europa bediente. Im Rahmen der Razzia gegen illegales Streaming sei in den gesamten Niederlanden zu einer Reihe von Durchsuchungen gekommen: "Mehrere Personen wurden wegen des Verdachts der rechtswidrigen Verbreitung von Premium-Inhalten festgenommen." Durch den Kauf von Paketen erhielten die Abonnenten Zugriff auf über 10.000 Live-TV-Kanäle sowie eine Bibliothek mit 15.000 Filmen und Fernsehsendungen.

Seit März 2014 "haben die EU und die internationale Gemeinschaft allmählich eine breite Palette von Maßnahmen gegen russische Organisationen und Einzelpersonen verhängt": finanzielle Einschränkungen, Handelssanktionen, Reiseverbote und das Einfrieren von Vermögenswerten. Ziel sei es, Russland "wichtige Technologien und Märkte zu entziehen" und seine "wirtschaftliche Basis zu schwächen", um die Kriegsfähigkeiten einzuschränken.