Missing Link: Don’t look up – ist der Satellitenmarkt noch einzufangen?

Seite 3: Wie viele Satelliten braucht ein gutes Netz?

Inhaltsverzeichnis

Die Entscheidung der FCC, Starlink dieses Mal nicht alle gewünschten Satelliten zu genehmigen, führt auch zu der Frage, wie groß eine Konstellation sein muss, um zu funktionieren – und wo werden nur Claims abgesteckt, um die Konkurrenz fernzuhalten?

Der kleinere Wettbewerber Rivada Space versichert, dass man mit 600 Satelliten ein sicheres Netz aufspannen kann. Durch die Platzierung in 1000 Kilometer Höhe könne ein Satellit größere Zellen ausleuchten als die erdnahen Starlink-Konstellationen, erklärt Thomas Grob von Rivada Space. Das Geschäftsmodell des Rivada Space "OuterNet" ist dabei anders: Rivada Space vermarktet nicht an Endkunden, sondern verkauft Satellitenkonnektivität an Internetanbieter und andere Unternehmen.

Der Entzug von ITU-Zuteilungen ist aktuell das schärfste Schwert gegen das Horten von Frequenzen und Orbitalpositionen. Das bestätigen auch die Vertreter der Bundesnetzagentur. 10 Prozent der beantragten Ressourcen müssen laut einer von den ITU-Mitgliedsstaaten vereinbarten Vorgabe nach 2 Jahren in Betrieb sein, 50 Prozent nach fünf Jahren und 100 Prozent nach sieben. Sonst werden die Zuteilungen dem entsprechenden Antragssteller Stück für Stück wieder entzogen. Die ersten Überprüfungsverfahren bei der ITU dazu stehen dieses Jahr an. Die Gier nach großen Konstellationen hat es bislang kaum gebremst.

Natürlich würden nicht alle beantragten Satelliten und Konstellationen am Ende zum Fliegen kommen, sagt Experte Grob. Angesichts der Zunahme von Objekten im All bedürfe es aber nachhaltiger Lösungen. Aus ökonomischer Perspektive sei eine "Balance zwischen der innovativen Dynamik des Sektors und dem Wettbewerb" wichtig. "Was wir vermeiden müssen, ist, dass Newcomer durch diejenigen aus dem Markt gedrängt werden, die bereits aktiv sind", sagt Grob. Denn künftige Generationen von Satellitensystemen werden vermutlich mit noch besseren Eigenschaften ausgestattet sein, etwa autonomer Kollisionsvermeidung oder effektiverer Nutzung von Spektrum."

Bessere Anti-Kollisionstools und noch bessere Techniken für die gemeinsame Nutzung von Frequenzen sieht auch Tomas Hrzonsky vom European Space Policy Institute (ESPI) in Wien als zentrales Argument gegen Regulierung. Neue Regeln für die Einhegung des Runs im Satellitenmarkt seien in der aktuellen geopolitischen Lage zumindest auf UN-Ebene schwer vorstellbar.

Das ESPI hat sich allerdings schon vor zwei Jahren mit der Frage befasst, ob der gemeinsame Wirtschaftsraum Weltall nicht Regeln braucht wie die Fischerei oder auch der CO₂-Handel. Ohne klare Grenzwerte für die erdnahen Umlaufbahnen werden weiterhin wirtschaftliche Interessen Einzelner oder einzelner Staaten im Vordergrund stehen. Was der Grenzwert analog zum 1,5-Grad-Ziel sein soll, daran wird noch herumgerechnet.

Auf der Weltfunkkonferenz (WRC) im Oktober in Dubai dürfte es viel Streit geben über die Verteilung von Frequenzen – vor allem wegen des Vorstoßes der terrestrischen Mobilfunkbetreiber, mehr Kapazität zu bekommen, auch auf Kosten der Satellitenfrequenzen.

Das Thema Satellitenkommunikation macht fast den größten Teil des für die Konferenz vorbereiteten Berichts aus und thematisiert Toleranzen für die die Positionierung in den Umlaufbahnen und auch die bessere Benachrichtigung der ITU, die über die vielen Anmeldungen der Megakonstellationen kaum noch den Überblick behalten kann.

Ein Vorschlag für die WRC in Dubai betrifft noch den Schutz geostationärer Mobilfunkangebote von Interferenzen durch ihre nicht-geostationären, erdnahen Konkurrenten (im 7/8-GHz-und 20/30-GHz-Band).

Doch grundsätzliche Überlegungen, wie man den überhitzten Markt behutsam entwickeln und auch für mögliche Nachzügler unter den Satellitenmächten offen halten kann, sind nach dem Dafürhalten der Experten bei der Bundesnetzagentur nicht zu erwarten.

(tiw)