"Star Trek: Strange New Worlds": 2. Staffel will sich aus Prequel-Zwang befreien

Die beste neue Star-Trek-Serie macht da weiter, wo sie aufgehört hat. Eine persönliche Rezension der ersten beiden Folgen.

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Una Chin-Riley (Rebecca Romijn) muss sich am Anfang der zweiten Staffel ihrer Vergangenheit stellen und landet vor dem Kriegsgericht

(Bild: CBS / Paramount+)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Fabian A. Scherschel
Inhaltsverzeichnis

"Star Trek: Strange New Worlds" ist der Hoffnungsträger vieler Trekkies, die in den vergangenen Jahren durch das neue Star Trek von "Discovery" und "Picard" enttäuscht worden sind. Die Serie spielt kurz vor dem Original-Star-Trek mit Captain Kirk und verspricht neben klassischen Trek-Themen unter anderem auch Folgen, die untereinander abgeschlossen sind. Kurz: Star Trek wie früher. Die zweite Staffel ist vor kurzem angelaufen und diese Rezension befasst sich mit der Frage, ob deren erste zwei Folgen diesen Erwartungen gerecht werden.

Achtung: Die folgende Rezension enthält Spoiler für die erste Staffel von "Strange New Worlds" sowie für die ersten zwei Folgen der zweiten Staffel.

Meinem Kollegen Gerald Himmelein hat die erste Staffel ziemlich gut gefallen, ich selbst sehe das Ganze etwas kritischer. Für mich wäre "Strange New Worlds" eine wirklich gute Star-Trek-Serie, wenn sie auf eigenen Beinen stehen würde. Anson Mount ist ein großartiger Schauspieler, der in seiner Rolle als Captain Pike eins der wenigen Highlights bei "Discovery" war. Rebecca Romijn (als Una-Chin Riley), Christina Chong (als La'an Noonien-Singh) und Jess Bush (als Schwester Chapel) leisten ebenfalls ganze Arbeit. Der Rest der Besetzung ist solide, vor allem gibt Ethan Peck einen passablen Spock ab, wenn die Drehbuchautoren es schaffen, ihm entsprechende Texte in den Mund zu legen. Den Autoren gelingt es in circa der Hälfte der Fälle, Spock in "Strange New Worlds" wie Spock in der Original-Serie reden oder agieren zu lassen. Die anderen Zutaten stimmen auch: Die Spezialeffekte der Serie sind weitestgehend auf Kino-Niveau und die Geschichten fast alle gutes Star-Trek-Material. Die erste Staffel hatte ein paar schlechtere Folgen, aber welche Trek-Serie hat die nicht?

Zugegeben: "Strange New Worlds" krankt auch an einigen Problemen von "Discovery" und "Picard". Zum Beispiel an der mir unerklärlichen Faszination der Producer Goldsman und Kurtzman für merkwürdige Zeitkristalle und ähnliche fast-magische Story-Elemente sowie für hektische Weltraumschlachten, die eher in eine Star-Wars- als in eine Star-Trek-Serie passen würden. Auch wird in "Strange New Worlds" zu viel wild umhergerannt und geschossen, anstatt Probleme in klassischer Star-Trek-Manier durch Denken und Reden zu lösen. Sauer aufgestoßen sind mir auch die plumpen Versuche, dem Zuschauer moralisch-politische Aussagen einzuhämmern – am schlimmsten wiegt hier wohl in der ersten Staffel der deutliche Wink mit dem Zaunpfahl auf die Geschehnisse vom 6. Januar 2021 als Anfang einer gefährlichen Entwicklung, die zum 3. Weltkrieg führt. Star Trek war jahrzehntelang sehr subtil dabei, den Zuschauer von moralischen Positionen zu überzeugen, leider scheint den neuen Trek-Autoren dieses Geschick komplett abhandengekommen zu sein.

Aber all das könnte ich verschmerzen. "Strange New Worlds" wäre trotzdem eine um Längen bessere Star-Trek-Serie als ihre zwei Vorgänger, wenn da nur nicht diese Entscheidung gewesen wäre, unbedingt eine TOS-Prequel-Serie zu machen. "Strange New Worlds" wird hauptsächlich dadurch zurückgehalten, dass die Serien-Macher auf Biegen und Brechen versuchen, Verbindungen zur Kirk-Ära herzustellen. Die Serie steht einfach nicht auf eigenen Beinen. Man hat bei CBS anscheinend entschieden, dass eine neue Serie mit neuen Figuren, die ihr eigenes Ding macht, auf dem Markt keine Chance hat. Der Name "Star Trek" allein scheint den CBS-Bossen nicht zu reichen. Es muss immer auch ein Kirk, ein Spock, ein Picard oder wenigstens eine Schwester Chapel mit dabei sein. Und natürlich ein Schiff namens Enterprise.

Das Problem ist nur, dass niemand der von Jess Bush gespielten Schwester Chapel abnimmt, sie sei dieselbe Schwester Chapel, die in der Original-Serie von Majel Barrett verkörpert wurde. Die Haarfarbe mag dieselbe sein, aber die erste Schwester Chapel hatte nun mal weder Finger-Tattoos noch hat sie sich Kampfdrogen gespritzt und Dutzende Klingonen verdroschen. Die beiden Figuren dieser beiden Serien haben rein gar nichts miteinander zu tun. Genauso wenig ähneln sich die neue und die alte Uhura. Anson Mount ist ein viel charismatischerer und schauspielerisch überzeugenderer Captain Pike als Jeffrey Hunter im ersten Star-Trek-Pilotfilm "The Cage". Und Leonard Nimoy kann als Spock sowieso niemand das Wasser reichen. Einzig Rebecca Romijn schafft es, mit ihrer Number One sehr nah am Original von Majel Barrett zu bleiben. Aber das auch nur, weil wir in "The Cage" so gut wie nichts über diese Figur erfahren, nicht mal ihren Namen. Ich finde "Una-Chin Riley" übrigens immer noch jedes Mal merkwürdig, wenn jemand diesen Namen ausspricht. Er passt einfach nicht auf diese Figur.

Die Star-Trek-Serien im Überblick (8 Bilder)

Star Trek, In Deutschland "Raumschiff Enterprise": Mit dieser Crew hat alles angefangen (einfach Chekov wegdenken, der kam erst in Staffel 2 dazu).
(Bild: Startrek.com / CBS Entertainment
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