Ein Jahr Nord Stream-Aus: Hinweise auf Verbindung zur Ukraine verdichten sich

Vor einem Jahr wurden die Gastransporte über Nord Stream 1 eingestellt. Danach sollte nie wieder russisches Erdgas über die Ostsee-Gaspipeline eintreffen.

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Gasaustritt der Nord-Stream-Pipeline im September 2022 in der Ostsee

Im September 2022 trat nach einem Sprengstoffanschlag Erdgas aus den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 aus.

(Bild: Schwedische Küstenwache)

Lesezeit: 3 Min.

Erst wurden Ende August die Gaslieferungen von Nord Stream 1 im Zuge einer angeblichen Wartung von Russland komplett eingestellt und nicht wieder aufgenommen. Dann sprengten unbekannte Täter einige Wochen später die Gaspipeline, die Russland mit Deutschland verbindet, am Boden der Ostsee und schufen Tatsachen, die die Ermittler bis heute beschäftigen. Die Geschehnisse rund die Gaslieferungen sind in diesen Tagen ein Jahr her, beginnend mit dem Aussetzen der Transporte. Und laut eines Medienberichts verdichtet sich der Verdacht, dass die Sabotage vom Gebiet der Ukraine aus ging.

Besonders für Deutschland ist das Thema Nord Stream auch diplomatisch eine Herausforderung. Das Verhältnis zu Russland, das einst Partner in der Energieversorgung war, ist an einem Tiefpunkt. Trotz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine half Deutschland Russland vor etwas mehr als einem Jahr noch, eine reparierte Turbine für Nord Stream 1 aus Kanada zurückzuholen. Dort wurde das Gerät vom Modell SGT-A65 wegen der Sanktionen gegen Russland einbehalten. Doch die Turbine für die Gasverdichterstation Portowaja steht laut Medienberichten auch heute noch in Mülheim an der Ruhr. Russland zeigte schon vor dem Sabotageakt keinen großen Eifer, sie schnell wieder zu nutzen. Nach der Explosion wurden die Anlagen eingemottet.

Sollte die Ukraine wiederum tatsächlich für die Sabotage an der Pipeline verantwortlich sein, könnte dies das Verhältnis Deutschlands zur Ukraine, die von Waffenlieferungen des Westens abhängig ist, negativ beeinflussen. Längst wird Kritik laut, dass die Aufklärung der Sprengung am Boden der Ostsee sich lange hinzieht. Laut Recherchen von ZDF und Spiegel ermittele die Bundesanwaltschaft zwar immer noch gegen Unbekannt. Die Hinweise auf Verbindungen in die Ukraine hätten sich aber verdichtet. Zu Tatverdächtigen in Russland, also einer False-Flag-Operation, um der Ukraine die Schuld unterzuschieben, gebe es bislang keine belastbaren Belege.

Die Ermittler gehen demnach weiterhin davon aus, dass ein sechsköpfiges Team an Bord der gecharterten Segeljacht "Andromeda" von Deutschland aus mit Zwischenstopps zur dänischen Insel Bornholm aufbrach und Taucher dort in 70 Metern Tiefe Sprengladungen (HMX, Oktogen) anbrachten, die Ende September 2022 zur Detonation gebracht wurden. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass sich die Mitglieder der Gruppe vorher und nachher in der Ukraine aufgehalten hätten. Grundlage für die Erkenntnisse seien technische Daten, die nicht genauer benannt werden. Offiziell schweigen die Ermittlungsbehörden.

Grundlage für die Spur seien unter anderem geheimdienstliche Erkenntnisse, die schon vor Ausübung der Tat vorlagen. So habe der niederländische Militär-Nachrichtendienst schon Monate vor den Anschlägen Kenntnis über das Vorhaben erlangt. Erwartet wurde die Tatausübung bereits im Juni 2022, als in der Ostsee eine NATO-Übung stattfand. Auch von den USA habe es entsprechende Hinweise gegeben. Laut Washington Post seien die Sabotagepläne dem ukrainischen Oberbefehlshaber General Walerii Saluschny zuzuschreiben. Die Ukraine dementiert jede Beteiligung.

(mki)