Münchner Wissenschaftler überwachen und reinigen Umwelt mit Robotern und Drohne

Forscher der TU München haben es sich zum Ziel gesetzt, mit Robotern und Drohnen die Umwelt zu reinigen. Das geschieht ferngesteuert.

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SVan mit Robotern und Drohne am See

Der SVan dient als mobiler Hub, von dem aus die Roboter und die Drohne ferngesteuert die Umweltreinigung starten.

(Bild: Get Flashed Media)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Tom Sperlich
Inhaltsverzeichnis

Lassen sich Anstrengungen des Menschen im Bereich Umwelt – etwa ihre Überwachung und Reinigung – mithilfe von Robotern, Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinen skalieren, effektiver gestalten? Forschende der Technischen Universität München (TUM) sind überzeugt davon und entwickeln deshalb im TUM Institut MIRMI (Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence) seit rund vier Jahren eine Technologieplattform für Umweltrobotik. In einer ersten Realisierung lassen sich mit ihr bereits Roboter und Drohnen per Telepräsenz und direkt vor Ort steuern.

Weil Umweltroboter an vielen Orten benötigt werden, ist die Plattform mit ihren Robotern mobil in einem Hyundai Staria Van untergebracht. Die "Guardians", also Hüter, wie die Roboter und Drohnen am MIRMI genannt werden, nutzen dieses SVan (Synchroner Team-Roboter-Van) genannte Konzept und Fahrzeug als mobilen Hub und Ladestation für die Roboter. Er ist auch Steuer- und Kommandostand mit 5G-Mobilfunkanbindung sowie lokales Rechenzentrum ("Edge Computing") auf mehreren robusten Hochleistungsrechnern.

Mit an Bord des SVan befinden sich Quadrocopter-Flugdrohnen mit leistungsfähigen (Thermal-)Kameras, ein Unterwasser-Roboter und ein Land-Roboter auf vier Rädern. Beide Roboter verfügen ebenfalls über Kameras, diverse Sensoren und auch Greifarme, die vom SVan aus per Xbox-Controller oder via Tastatur gesteuert werden können.

An zwei Ausbaustufen ihrer Umweltrobotik arbeiten die Münchner Forscher derzeit: Die primär manuell gesteuerte Plattform funktioniert bereits als Steuerzentrale für Experten, die sich ortsunabhängig und bequem via Webbrowser auf die Roboter des SVan schalten und diese steuern können. So kann etwa ein auswärtiger Gewässerbiologe einen Umweltrobotik-Experten im SVan an einen See schicken, um mithilfe der Drohnen beispielsweise Schadstoffe oder Müll zu orten und von den Robotern einsammeln zu lassen oder um Messungen und Probensammlungen vorzunehmen. Diese Implementierung des Systems – Robotic-as-a-Service (RaaS) – arbeitet bereits recht zuverlässig als Prototyp, so Alexander Moortgat-Pick, MIRMI-Forscher und ausführender Leiter des Projekts.

Erprobt haben die Wissenschaftler das am Starnberger See, in und an dem die Wissenschaftler das System testen. Die Roboter fischen mit ihren Greifarmen etwa Müll aus dem See und räumen die Umgebung auf, so die Idee.

Für eine spätere Weiterentwicklung des heutigen Protoypen-Status arbeiten die MIRMI-Forscher an verschiedenen Ideen, wie ihre Guardians Müll in größerem Stil einsammeln könnten. Heute kann das in kleinerem Umfang bislang nur der Landroboter, der über eine Abstellfläche für einen Behälter verfügt, in den der Müll deponiert werden kann. Derzeit sei man vor allem auf die Situation an Seeufern fokussiert. Im Wasser kann der Tauchroboter mit seinem Gripper zwar auch kleinere Teile greifen, verfügt aber über kein Behältnis für eingesammelten Müll. Sobald größere leistungsfähigere Tauchroboter in das MIRMI-System integriert würden, könnte er etwa eine Schwimmplattform im Wasser mit gesammeltem Müll befüllen.

Ein ausgeklügeltes Abfallsammel- und -entsorgungssystem zu ihrem SVan-Konzept zu entwickeln, betrachten die MIRMI-Forscher allerdings nicht als ihre primäre Aufgabe. Sobald ihr System in ein paar Jahren produktiv ist und Müll in größeren Mengen aufgrund der Detektion ihrer Guardians anfallen sollte, würde man sicherlich mit einem Abfallentsorgungsunternehmen zusammenarbeiten.

Derzeit baut das MIRMI in einer zweiten Stufe weiter an seinem Telepräsenz-Betriebssystem für Roboter, speziell an einer allgemeinen Schnittstelle zu den jeweiligen APIs jedweder Roboter und passenden Maschinen, die diese dann auf Mausklick ins SVan-System integrieren soll. Einen Fokus richtet das MIRMI darauf, dass jeder Roboter eigene spezialisierte Fähigkeiten in das System einbringt, sie dabei auch zusammenarbeiten und sich gegenseitig ergänzen. Selbst die Einbindung anderer Maschinen und Infrastrukturen ist dem MIRMI ein mittelfristiges Anliegen. Mit der leicht zu bedienenden Mensch-Maschine-Schnittstelle ergibt das MIRMI-Konzept der Umweltrobotik am Ende dann überhaupt erst Sinn.

Das Ganze nennt sich "Multisystem-Telepräsenz", das bedeutet, dass ein Mensch am Controller nicht nur diverse Drohnen und Roboter zugleich bedienen kann. Sondern auch verschiedene Experten aus aller Welt können sich gleichzeitig in das Telepräsenz-System einloggen und die Systeme steuern oder für sie simultan eine Einsatzplanung auf einer Karte des jeweiligen Ortes durchführen. Damit dies alles reibungslos funktioniert, sind die TUM Forschenden daran, auch Techniken wie Digitale Zwillinge einzusetzen. "Mit unserer Plattform können wir völlig unterschiedliche Roboter quasi für jeden Menschen in der Welt einsetzbar machen", erläutert Daniel Dücker, der wissenschaftliche Leiter des Forschungsfelds Umweltrobotik am MIRMI. Das demokratisiere die Robotik, denn prinzipiell kann jeder – egal ob Biologe, Geologe oder Chemiker – auf die Roboter zugreifen.