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Fotografie lernen mit dem Smartphone: Drei Apps im Test

Felix Krumme, Gregor Schollmeyer

Mit Smartphone-Apps zum Fotografen? Das versprechen The Great Photo App, Die Fotoschule und Canon Photo Companion. Heise-Redakteur Gregor macht den Video-Test.

Fotografieren ist ein Handwerk, das gelernt sein will. Man muss nicht nur sein Auge schulen, um gute Motive zu fotografieren, sondern sollte auch den Dreiklang aus Blende, Verschlusszeit und ISO verstehen. Neben den vielen Fachbegriffen, die es zu lernen gilt, ist auch die Auswahl der richtigen Ausrüstung und die Mitnahme der am besten geeigneten Objektive für die geplante Fototour von großer Bedeutung.

Beim Lernprozess helfen Smartphone-Apps wie The Great Photo App (Download iOS [1]), Die Fotoschule (Download Android) [2] und Canon Photo Companion (Download iOS und Android [3]). Mit verschiedenen Ansätzen bieten sie einen günstigen Start in die Fotografie und helfen Anfängern bei ihren ersten Schritten.

Mehr Apps im Test

Heise-Redakteur Gregor Schollmeyer testet im Video, welcher Ansatz funktioniert, und welcher nicht. Zusätzlich lässt er die Ergebnisse von Foto-Expertin und Heise Redakteurin Sophia Zimmermann bewerten.

Hi, ich bin Gregor aus der Heise Redaktion und ich habe keine Ahnung von Fotografie, aber Lust mehr zu lernen. Deswegen habe ich einen kleinen Versuch gestartet und drei Apps getestet.

Dabei hilft mir heise Kollegin Sophia Zimmermann. Sophia hat mir für diesen Test eine Kompaktkamera geliehen, die GR3 von Rico. Damit gehe ich erstmal relativ blauäugig auf meine erste Fototour und danach setze ich mich mit den Apps auseinander, die mir das Fotografien beibringen wollen.

The Great Photo App, Die Fotoschule und den Canon Photo Companion. Um das gelernte auf den Prüfstand zu stellen, gehe ich zum Schluss auf eine zweite Fototour. Im Anschluss bewertet Sophia die Fotos der beiden Touren, gibt mir Feedback und sagt mir ehrlich, ob ich Fortschritte gemacht habe.

Wer einen Einstieg in die Fotografie sucht, steht erstmal ein bisschen verloren in der Landschaft. Vor allem, wenn die Fotos mehr als Schnappschüsse werden sollen. Und so geht mir das auch. Mein fotografisches Vorwissen ist relativ beschränkt. Verschlusszeit sagt mir was. Brennweite habe ich auch schon mal gehört. Der ISO-Wert bestimmt, wie gut eine Kamera bei Dunkelheit aufnehmen kann.

Soweit erstand vor meiner Lernphase. Also los geht’s. Bevor ich zu meiner ersten Tour aufbreche, habe ich mir ein paar Motive überlegt. Ich will eine Nahaufnahme einer Blume oder einer Knospe. Dann möchte ich ein dynamisches Foto, also eine U-Bahn, in der Bewegung aufnehmen. Am besten mit Lichtspuren.

Außerdem möchte ich gerne ein bisschen mit Schärfe und Unschärfe spielen. Im Vordergrund und im Hintergrund. Mal sehen, was ich da zaubern kann. Die Tour startet am heise Hauptquartier in Hannover.

Und wir drehen eine große Runde durch den urban gewerblich geprägten Stadtteil Buchholz. Das Wetter ist von Anfang an winterlich trist und grau.

Und ich merke auch direkt fast nichts klappt so, wie ich mir das wünsche. Die Schärfe sitzt falsch, die Farben sind entsättigt und eher traurig. Und ich bekomme meine Motive nicht ansprechend im Bild arrangiert. Das ambitionierte U-Bahn-Foto, naja, ihr seht es hier. Viele der Fotos, die auf dem Kameradisplay scharf aussehen, sind es leider dann doch nicht.

Meine Ausbeute sind zehn halbwegs passable Fotos. Und klar ist, ich muss eine Menge lernen. The Great Photo App hält sich kurz, fasst Inhalte klug zusammen und die Lektionen bauen sinnvoll aufeinander auf. Die interaktiven Übungen am Ende der Absätze sind ein cooles Gimmick. Erstes Manko: Die App ist nur im Apple Store erhältlich und kostenpflichtig. Man zahlt 2,99. Dazu gibt es auch noch In-App-Käufe.

The Great Photo App hat einen simplen nachvollziehbaren Aufbau. Auf einen kurzen Beitrag zu einem bestimmten Thema folgt immer eine interaktive Übung. Zuerst lernt man die Basics, die Lektionen sind so aufgebaut, dass man problemlos bei null anfangen kann. Die App richtet sich damit ganz klar ein Einsteiger.

Die Inhalte werden Schritt für Schritt erklärt und inhaltlich dann zunehmend komplexer, aber nie zu komplex. Für uns ist das teilweise sogar als Einsteiger ein bisschen zu oberflächlich. Störende Kleinigkeiten wie Übersetzungsfehler kommen vor, bleiben aber selten. Nerviger waren einzelne Bugs oder Fehler in den Aufgaben.

Bei einer Aufgabe muss man ein Foto scharf stellen, das Foto lädt aber nicht und bleibt dann immer unscharf. Na ja, wirklich schlecht ist aber die Bildaufteilung The Great Photo App. Während der Lektionen sieht man auf einer Hälfte des Displays dauerhaften jungen Fotolehrer im Karo-Hemd.

Und den Platz hätte man viel besser nutzen können. Vielleicht sogar müssen. Alles in allem ist die App fürs Lernen aber gut geeignet. Es gibt simple Erklärungen, die kein Vorwissen benötigen. Passende Bebilderungen und die kleinen spielerischen Aufgaben oder Übungen am Ende der Lektion sind ein gutes Gesamtpaket. Manchmal stimmt die Übersetzung nicht ganz und irgendwie sind die Aufgaben schon sehr niederschwellig. Aber Fotografiewissen habe ich auf jeden Fall mitgenommen.

Die Fotoschule gibt es als Website und als Android App im Play Store. Die App bietet ein riesiges Lernpaket mit zahlreichen Artikeln zum Thema Fotografie. Man findet gefühlt jede Information, die man sich als Frischling wünscht. Der Kopf hinter der App ist Ralph Krause. Er betreibt das Projekt seit 1999 hobbymäßig und seine seit 20 Jahren bestehende Fotoleidenschaft kann man in der App sehr klar sehen.

Krause schlägt zwei Möglichkeiten vor, sich durch die Fotoschule zu arbeiten. Entweder sucht man sich die jeweiligen Artikel über das Inhaltsverzeichnis raus oder man klickt sich einmal durch. Das Inhaltsverzeichnis ist riesig. Man findet hier alles Mögliche von Iris-Fotografie über Architektur bis hin zu Multiframe und Motocross. Aber auch grundsätzliches Wissen wie Blende, Brennweite oder die Wahl der richtigen Kamera findet hier einen Platz. Aber der Schreibstil ist etwas eigenwillig. Die Fotoschule erklärt die Techniken der Fotografie in so einem freundlichen Plauderton mit persönlicher Ansprache. Das Ganze liest sich dann eher wie ein Block. Schwierig hingegen ist die Unübersichtlichkeit der App.

Das gilt einerseits für die etwas altbackene Menüführung und das betagte Design. Also bis wir an die Stelle kommen, zu der wir navigieren wollen, vergehen manchmal einige Minuten, gerade zu Beginn. Und auch in den Artikeln.

Die Fotoschule nimmt sich Zeit, um Themen in all ihren Facetten zu erklären. Und so erfordert das Lesen und Lernen auch viel Zeit. Aber es lohnt sich, dieses umfassende Fotokompendium durchzuarbeiten. Der Einstieg ist unübersichtlich und der Schreibstil gewöhnungsbedürftig und vielleicht nicht jedermanns Geschmack.

Aber hier finden Einsteiger und fortgeschrittenen Fotografen fast alles, was es zu wissen gibt. Und das auch noch werbe und kostenfrei.

Der Canon Foto Companion bietet Fotografiewissen für Einsteiger und Fotografen, die schon wissen, was sie tun. Auch unabhängig davon, ob man eine Canon Kamera benutzt oder nicht. Die App gibt es für Android und iOS. Die Menüs sind aufgeräumt und klar. Alles ist ohne Umschweife, knackig und prägnant erklärt.

Lediglich grundlegende Erklärungen muss man etwas suchen. Einführende Texte zur Wirkung von unterschiedlichen Brennweiten oder Blendenöffnungen findet man im unteren Menü unter Objektive. In diesen Einsteigerartikeln gibt es ähnlich wie bei der Great Photo App auch interaktive Elemente, die zeigen, wie sich etwa verschiedene Brennweiten beim gleichen Motiv auf das Foto auswirken.

Die Inhalte für Fortgeschrittene sind bei der Canon App ein wenig interessanter als bei den Konkurrenten. Es gibt Interviews mit renommierten Persönlichkeiten aus der Fotowelt, die berichten, wie sie Porträts bei Kerzenlicht beleuchten oder geben eine Einführung in Astrophotografie.

Diese Artikel setzen aber eine gewisse Erfahrung und gewisses Grundwissen voraus. Die Interviews sind meist relativ kurz. Als Inspiration für Kenner eignen sie sich aber trotzdem. Nett ist, dass man sich im Canon Photo Companion nicht anmelden muss. Die App fragt zwar nach der eigenen Canon Kamera und der Canon ID, das kann man aber einfach überspringen. Der Canon Photo Companion ist eine gute und kostenfreie Möglichkeit, sich schnell mit pointierten präzisen Texten in die Materie der Fotografie einzuarbeiten. Wer auf die spielerischen Übungen der Great Photo App verzichten kann, findet mit dem Canon Photo Companion eine gute und kostenfreie Alternative.

Mit einer guten Menge an neu gelerntem Wissen bin ich dann zur zweiten Fototour aufgebrochen. Ich habe die Bedienungsanleitung der GR3 gelesen, dass es die Kamera, die mir Sophia geliehen hat. Außerdem habe ich die einzige winterliche Sonnenstunde rausgesucht und mir ein paar Einstellungen überlegt, mit denen ich die Motive ansprechender einfangen kann.

Dieses Mal habe ich ein bisschen was dazu gelernt, hoffentlich. Also hoffe ich zumindest. Wir suchen uns die gleichen Motive noch mal raus und versuchen dann ein bisschen was Neues und ein zweites Mal auch etwas Besseres draus zu machen. Und der erste Schritt, wie ich gelernt habe, ist, seine Kamera richtig einzustellen.

Dementsprechend passe ich jetzt erstmal die Farbwerte und die entsprechenden Werte an das Wetter an. Und dann ziehen wir los. Der erste Dämpfer, das Wetter war genauso mittelmäßig wie beim ersten Mal. Ich habe aber gelernt, meine Kamera hat eine spezielle Einstellung für den Weißabgleich an bewölkten Tagen.

Und den nutze ich auch direkt. Unterwegs merke ich direkt, dass ich besser weiß, was zu tun ist. Ich kann jetzt Format und Seitenverhältnisse sofort anpassen, um Motive besser einzufangen. Und ich verstehe Kompositionen, Verschlusszeiten und Schärfe viel besser. Beim Fotografieren klappt das natürlich nicht immer so, wie ich will. Das dynamische Foto der U-Bahn ist überbelichtet.

Und manche Motive lassen sich einfach nicht so einfangen, wie ich mir das gedacht habe. Aber der Funke springt über. Und ich habe noch mal eine ganze Ecke mehr Spaß als bei der ersten Foto-Tour. Was sagt Sophia dazu? Sieht man eine Verbesserung? Man hat bei der ersten Tour schon gemerkt, dass es war sehr intuitiv, sehr aus dem Bauch heraus, sehr zufällig, auch wie die Motive ins Bild gerückt waren.

Es war alles in der Mitte. Und Schärfe-Ebenen gab es wenige. Es gab halt auch dieses Spiel, was man so kennt mit der Schärfe. Das hat man halt auch nicht gesehen. Es fehlte so auch das Spiel mit Symmetrie und Asymmetrie. Also das war alles so ein bisschen zufällig.

Du hast halt ein Foto gemacht, alles draufgehalten und drauf gedrückt. Aber was, ja, so funktioniert es ja, glaube ich, bei vielen. Bei der zweiten Tour, muss ich schon sagen, hat man gemerkt, du hast dir ein bisschen mehr über den Bildaufbau an sich Gedanken gemacht. Du hast überlegt, wie ordne ich meine Elemente im Foto an? Hast du die nicht einfach nur platt in die Mitte gerückt, sondern hast du ein bisschen gespielt? Wahrscheinlich mit der Drittel-Regel da nicht. Ich weiß ja gar nicht, was du bei den Apps da gemacht hast, dass da so ein bisschen gespielt, man hat auch gemerkt, die Schärfe hat auch besser gesessen.

Also die Bilder waren dann tatsächlich auch technisch so ein bisschen besser. Und ja, du hast auch näher ans Motiv rangegangen. Das hat man auch gemerkt. Das ist auch, glaube ich, eine der wichtigsten Dinge, die man quasi als Fotograf machen kann, mal einfach nah ans Motiv ran, damit man es auch tatsächlich ins Zentrum stellt. Also da hat man schon Verbesserungen gesehen.

Gabs denn so ganz besondere Punkte, wo du gesagt hättest, das ist nicht besser geworden? Der Raum wäre immer noch bei der Bildkomposition an sich. Also du hast dich zwar um diese Drittel-Regel bemüht, das Bild so ein bisschen weh aufzubauen, aber du hast es dann auch teilweise gleich übertrieben. Beispielsweise bei dem Knospenbild. Da rückte dann die Knospe so weit an den Rand, das Bild ist, dass man jetzt schon gar nicht mehr wusste, soll die Knospe das Motiv sein? Oder ist die da jetzt zufällig reingeragt?

Diesem Bild hätte vielleicht eine andere Perspektive gutgetan.

Alle drei Apps haben mir beim Anfang sehr geholfen, wenn auch auf verschiedene Arten. Ich persönlich hab mit der Great Photo App gestartet und mir einen Überblick verschafft. Dann bin ich in die Fotoschule abgestiegen, um alles Weitere zu lernen.

Der Canon Photo Companion hat mir geholfen, mein Wissen zu festigen. Die Great Photo App und der Canon Photo Companion liefern beide kurze, knackige Inhalte für den Einstieg.

Die Great Photo App macht da einen besseren Job, ist aber auch Apple-exklusiv und kostet knapp drei Euro. Dafür, dass man wirklich nur Grundlegendes lernt und wenn man es darauf anlegt, nach drei Stunden alles durchgearbeitet hat, kann ich das nicht ganz empfehlen.

Der Goliath in diesem Test ist aber die Fotoschule von Ralf Krause. Hier gibt es alles. Man muss sein Einstieg finden, etwas Zeit mitbringen und sich an den eigenwilligen Schreibstil und das Design gewöhnen. Dann liefert diese App aber nahezu alles, was man sich als Hobbyfotograf wünscht. Der Canon Photo Companion steigt noch knapper ein, behandelt aber mehr Themen, die nicht nur für Einsteiger geeignet sind. Er ist stylish und aufgeräumt und gratis.

Wie habt ihr das Fotografieren gelernt? Schreibt es gerne in die Kommentare. Ich stehe ja noch am Anfang meines Wegs und da höre ich eure inspirierenden Geschichten ganz gerne. Für mehr Infos über Fotografie, Kameras, Technik und IT, schaut gerne bei Heise vorbei. Ich meld mich ab, kommt gut durch die Woche.

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