Britische Parlamentarier für Open Access

Ein britischer Parlamentsausschuss spricht sich für den freien Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen aus.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 77 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Richard Sietmann

Das "Science and Technology Committee" des House of Commons kritisiert in dem jetzt veröffentlichten Report "Scientific Publications: Free for All?" die britische Regierung: Sie habe den Fehlentwicklungen des wissenschaftlichen Publikationswesen bisher zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Angesichts eines durchschnittlichen Preisanstiegs für wissenschaftliche Zeitschriften von 58 Prozent zwischen 1998 und 2003, schrumpfenden Bibliotheksetats und weit überdurchschnittlichen Gewinnen der Wissenschaftsverlage im Vergleich zum Rest der Branche registriert der Ausschuss mit wachsender Sorge, "dass der finanzielle Nutzen aus den beträchtlichen Forschungsinvestitionen der Öffentlichen Hand in einem exzessiven Ausmaß in die Taschen der Aktionäre von Verlagen" wandere. "Die Digitalisierung sollte den Zugang erleichtern und nicht einschränken".

Nach vier Anhörungen im Rahmen der im Dezember begonnenen Untersuchung finden es die Parlamentarier "enttäuschend", dass die Londoner Regierung ihre Verantwortung nicht wahrgenommen hat, die Bedürfnisse der Forscher, des Steuerzahlers und der kommerziellen Wissenschaftsverlage ins Lot zu bringen. "Weder den Verlegern noch den Wissenschaftlern" stünde die Entscheidung darüber zu, "wem das Lesen wissenschaftlicher Zeitschriftenartikel erlaubt sein sollte und wem nicht", heißt es in dem Bericht. Viele Wissenschaftler seien jedoch den Schwierigkeiten der Bibliotheken gegenüber ignorant. "Solange sie nicht erkennen, dass die Bereitstellung von Zeitschriften teilweise auch ihr Problem ist, wird sich die Situation nicht verbessern".

Allerdings gäbe es für sie auch wenig Anreize, von sich aus ihre Veröffentlichungen allgemein zugänglich zu machen. Deshalb empfiehlt der Ausschuss, die öffentliche Finanzierung von Forschungsvorhaben an die Verpflichtung zu koppeln, dass alle aus dem Projekt resultierenden Publikationen auf einem Institutsserver bereitgestellt werden. Dies verband er jedoch mit einer Einschränkung, die reichlich Stoff für politische Diskussionen über das Verhältnis von Forschungs- und Wirtschaftsförderung geben dürfte: "Eine Ausnahme müsste für kommerziell relevante Forschungsergebnisse gemacht werden."

In einer detaillierten Liste von insgesamt 82 Schlussfolgerungen und Empfehlungen verlangt das Science and Technology Committee von der Regierung, allen Hochschulen des Landes die nötigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, damit sie die entsprechenden Publikationsserver aufbauen können. Daneben solle sie sich auf internationaler Ebene für "Open Access" stark machen. "Wenn alle Länder ihre Forschungsergebnisse auf diese Weise archivierten, würde sich der Zugang zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen dramatisch verbessern."

Um das Anliegen zu bekräftigen, beschloss der Ausschuss, den Report zugleich dem Europäischen Parlament zuzuleiten, damit auch von dort aus die Probleme der wissenschaftlichen Informationsversorgung auf europäischer und internationaler Ebene angegangen werden.

Zu dem Thema siehe auch:

(Richard Sietmann) / (jk)