Verk0rkstes D0kument

Der elektronische Reisepass kann Flugreisen in die USA sabotieren. Schuld daran ist ein kleiner, aber hanebüchener Designfehler.

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Kürzlich bekam ich vor einem Flug in die USA einen ziemlichen Schrecken: Mein elektronischer Einreiseantrag ("ESTA") wurde beim Check-in nicht anerkannt. Doch die Dame am Schalter blieb gelassen und hatte den Fehler schnell entdeckt. Offenbar kommt das Problem öfter vor: Ich hatte im ESTA-Onlineformular bei meiner Passnummer den Buchstaben "O" statt einer Null eingetippt. Beim Check-in wurde der Pass elektronisch eingelesen, und dann wurde unter der korrekten Passnummer eben kein ESTA-Antrag in der Datenbank gefunden.

Der elektronische Reisepass (6 Bilder)

0H7 oder OH7 ? Die runde Ziffer in der perforierten Reisepassnummer könnte sowohl ein O als auch eine Null sein - sie sieht irgendwie mittelbauchig aus.

Da ich genug Zeit eingeplant hatte, verlief das Versehen glimpflich, war aber dennoch sehr lästig: Mit Gepäck am Flughafen ein Internetcafe suchen, ESTA-Antrag neu ausfüllen, und zurück zum Schalter. Doch was mich immer noch aufregt, ist diese hanebüchene Hirnlosigkeit, mit der der neue Reisepass entwickelt worden ist. Der Unterschied zwischen einer Null und einem O ist nämlich auch mit Lupe, Spürsinn und gutem Willen nicht auszumachen: Die ominöse runde Ziffer bei der perforierten Passnummer liegt genau in der Mitte zwischen dem bauchigen O und der schlanken 0 – sie ist irgendwie mittelbauchig. Auch der Vergleich der gedruckten Passnummer mit dem O in meinem Namen hilft nicht weiter: Beide Ziffern sehen gleich aus – aber das gilt auch für die Null im Ausstellungsdatum. O und 0 sind absolut identisch. Es gibt schlicht keine Chance, die Passnummer korrekt abzulesen.

Mittlerweile bin ich etwas schlauer: Der Buchstabe O wird, wie ich mir von Wikipedia habe erklären lassen, bei Passnummern gar nicht vergeben, eben um die Verwechselung mit einer Null auszuschließen. Na super! Ich muss mich also mit dem Vergabeschema von Reisepassnummern auseinandersetzen, nur um ein Formular ausfüllen zu können? Ich meine, wie viele Mannjahre, Entwürfe, Gegenentwürfe, Anhörungen, Präsentationen und Gremiensitzungen sind wohl ins Land gezogen, bis der neue Reisepass fertig war? Und dann kriegt das Bundesinnenministerium nicht mal das typografische kleine Einmaleins hin? Das Problem mit der Verwechslungsgefahr zwischen 0 und O war ja offenbar bekannt. Und den Entwicklern ist nichts Besseres eingefallen, als einfach das O zu streichen und zu hoffen, dass sich das wohl unter den Nutzern rumsprechen werde? War eine durchgestrichene Null als eindeutige Kennung nicht schick genug für den roten Lappen? Oder hätte man nicht auch gleich ganz auf die Benutzung der Null verzichten können? Wie viele Nerven, Flüche und verpasste Flüge hat diese Hirnrissigkeit wohl schon gekostet?

Ich mag mir gar nicht ausmalen, was beim Pass noch alles verkorkst worden ist – etwa, für mich nicht einsehbar, im Chip mit den biometrischen Daten. Hoffentlich kann die zuständige Software wenigstens meine Fingerabdrücke von denen Osama bin Ladens unterscheiden. Ich bin gespannt, was meine nächste Überraschung mit diesem Dokument sein wird. (bsc)