Fotonews der Woche 47/2024

Die Alpha 1 II grenzt sich von der A9 III deutlich ab, Sigma bringt mehr Festbrennweiten für Canon RF und Leica verdient kräftig.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht

Das 16-Millimeter-Objektiv von Sigma für Canons RF-Bajonett kommt erst im Januar, zwei längere Festbrennweiten schon Anfang Dezember.

(Bild: Sigma)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Da ist das Ding – Sony hat in diesem Jahr tatsächlich noch die Alpha 1 aktualisiert. Und zwar nicht nur auf dem Papier, noch im Dezember 2024 soll die Kamera verfügbar sein. Alle Daten finden sich in unserer ausführlichen Meldung zur neuen Top-Alpha. Man darf gespannt sein, ob da bei Agenturen und anderen Profis noch schnell die letzten Jahresbudgets ausgeschöpft werden und wer sich das Teil privat unter den Weihnachtsbaum legt. Knapp wird Sonys Beste wohl auf jeden Fall werden. Auch, weil der Preis mit 7500 Euro genau im akzeptablen Rahmen für das Topmodell eines der größten Kamerahersteller liegt.

Natürlich ist das sehr viel Geld, aber auch nicht so viel, wie man hätte befürchten können, denn der Preis liegt nur 200 Euro über der Preisempfehlung, welche die erste Alpha 1 vor vier Jahren hatte. Ebenso sind es nur 500 Euro mehr als die A9 III kostet, die jedoch mit viel kleinerer Auflösung (24 statt 50 Megapixel) und Global Shutter einen deutlich anderen Einsatzschwerpunkt hat. Sony hat also zwei Flaggschiffe im Hafen. Kannten die Preise in den letzten Jahren nur den Trend nach oben, vor allem in der Mittelklasse, so ist bei den High-End-Modellen jetzt das Ende der Fahnenstange erreicht. Werfen wir noch eine Kamera in den Vergleich: Canons neue R1, wie die A9 III vorwiegend Spezialwerkzeug für Sport und Action, kostet ebenfalls 7500 Euro.

7000 bis 7500 Euro sind also der neue Rahmen für die Topmodelle der großen Hersteller, und nur eine Stufe darunter klafft dann eine große Lücke. Canons ebenfalls brandneue R5 II liegt unter 5000 Euro, Nikons Z8 inzwischen sogar deutlich unter 4000 Euro, und bei Sony? Da hat man dann die Wahl zwischen der enormen Auflösung einer Alpha 7R V für 4500 Euro und der Alpha 7S III für rund 4200 Euro. Das sind dann etwa 3000 Euro Abstand zum Flaggschiff. Die Diversifikation der Produktpalette findet also vermehrt über den Preis statt.

Dass die teuerste Kamera für alle Einsatzbereiche die beste ist, stimmt schon lange nicht mehr. Auch erste Tests von Modellen aus der Serienproduktion der Canon R1 zeigen, dass sie wie schon Sonys A9 III eben ein Spezialgerät ist: Höchste Bildfolgen braucht man vor allem für Action, Sport und Reportage. Und weil dieses Geschäft weitgehend in der Hand von großen Agenturen ist, spielt da der Preis für abschreibungsfähiges Arbeitsgerät eine untergeordnete Rolle. Ambitionierte Amateure haben vorerst das Nachsehen, wenn sie die enormen Preise nicht bezahlen wollen. Nicht zu vergessen ist aber, dass es moderne Funktionen wie KI-Autofokus und Eye-Tracking auch in günstigeren Modellen gibt. Nur eben keine 120 fps bei geringsten Abstrichen.

Über Kamerapreise zu diskutieren, ist bei einem Hersteller ziemlich sinnlos – Leica. So konnte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2023/2024 mit 554 Millionen Euro Umsatz den höchsten seiner Geschichte erzielen. Sich nur auf hohen Kamerapreisen auszuruhen, kommt dennoch nicht infrage, erst kürzlich hat Leica das norwegische Fjorden Electra AS übernommen, das Apps und Fotozubehör für Smartphones herstellt. Zusammen mit der schon länger existierenden Kooperation mit Xiaomi stellt sich Leica also offenbar auch auf den Markt der Handy-Fotografie ein, die "LUX"-App wird ja auch ständig aktualisiert. Die großen Kameras wird das Unternehmen wohl kaum vernachlässigen, Zitat aus dem Geschäftsbericht: "Wesentlicher Umsatztreiber war die Leica Q3." Also eine Vollformatkamera mit aktuell, hier nun doch ein Preis, über 6000 Euro Anschaffungskosten.

Deutlich günstiger werden die Festbrennweiten von Sigma, die das Unternehmen demnächst auch für Canons RF-Bajonett anbietet. Für Nikons Z-Mount und MFT sind sie schon länger erhältlich. Dass Canon und Sigma zusammenarbeiten – und sich nicht etwa mit Patentklagen bekriegen – ist schon länger bekannt. Nun wird es endlich konkret: Vier Objektive wird es geben, alle als Festbrennweite und mit einer Anfangsblendenöffnung von f/1.4. Nur die Brennweiten unterscheiden sich.

Als Erstes sollen ab dem 5. Dezember 2024 die Optiken mit 30 und 56 Millimetern zu je 369 und 469 Euro verfügbar sein, im Januar sollen 16 und 23 Millimeter folgen. Für diese beiden Objektive nennt Sigma noch kein konkretes Datum, aber Preise: 439 und 549 Euro sollen die beiden kürzesten RF-Sigmas kosten. Das sind alles recht vernünftige UVPs, jedoch nur APS-C-Optiken, große und rauscharme Sensoren lassen sich so für Available-Light-Aufnahmen nicht ausreizen. Aber das ist ja nicht das einzige Einsatzfeld für lichtstarke Festbrennweiten – Porträt und Landschaft bieten sich auch an.

Damit sind wir schon bei der Empfehlung für den Long Read zum Wochenende. Es handelt sich um einen Einblick in die Arbeit des britischen Fotografen Jimmy Nelson, der seit Jahrzehnten vor allem durch die authentische, und doch künstlerische Darstellung indigener Völker auffällt. Er gewann kürzlich den mit 100.000 US-Dollar dotierten Foto-Preis HIPA. Nelsons Lebensgeschichte und die Art, wie er zu seinen Bildern kommt, sind ebenso bemerkenswert, wie sein Rat an Einsteiger: "Stellt das Konzept der Fotografie erstmal zurück und traut euch, Künstler zu werden." Der technische Aspekt, so Nelson, sei durch moderne Kameras weit weniger wichtig, als das, was man mit seinen Bildern ausdrücken wolle.

(nie)