Online-Jugendschützer legen Jahresbericht vor

2009 verzeichnete Jugendschutz.net einen starken Anstieg bei Websites, die "Selbstgefährdung" propagieren oder Magersucht glorifizieren. Die meiste Arbeit hatten die Jugendschützer weiterhin mit Porno.

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Die von den zuständigen Ministerien der Bundesländer gegründete Organisation für Jugendschutz im Netz hat am Montag in Mainz ihren Jahresbericht 2009 (PDF-Datei) vorgelegt. Jugendschutz.net hat demnach im vergangenen Jahr 19.000 Angebote überprüft und dabei 2400 Verstöße registriert. Dabei habe es sich vor allem um pornografische Websites gehandelt (42 Prozent).

Die Zahl der beobachteten rechtsextremen Angebote stieg von 1704 auf 1872 erneut an. Die rechte Szene organisiert sich den Erkenntnissen der Jugendschützer zufolge auch verstärkt in Netzwerken. Erstmals haben sich die Jugendschützer auch mit islamistischer Propaganda im Netz befasst und die Indizierung einiger Videos angeregt. Zudem seien 420 Fundstellen in Suchmaschinen dokumentiert worden, die zu Exekutionsvideos führten. Hier fordern die Jugendschützer nachhaltige Methoden zur Löschung solcher Verweise.

In drei von vier deutschen Fällen konnten Verstöße schnell beseitigt werden. Kooperieren Anbieter nicht, wird die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) eingeschaltet, die Bußgelder verhängen kann. Bei ausländischen Angeboten setzt jugendschutz.net auf die Kooperation mit Plattform-Betreibern und die internationalen Netzwerke gegen Kinderpornografie (INHOPE) oder Hass im Netz (INACH). Unzulässige Angebote im Ausland finden sich weiterhin vor allem in den USA (52 Prozent).

Die Jugendschützer stellten zudem einen starken Anstieg bei Websites fest, die Selbstgefährdung propagieren oder "als modernen Lifestyle" glorifizieren. Dabei geht es zum Beispiel um Communities, in denen sich Teilnehmer über Suizid austauschen. Auch Websites, auf denen das sogenannte "Ritzen" (Selbstverletzungen) oder krankhafte Magersucht verherrlicht werden, bereiten den Jugendschützern Sorge. Bei Websites im Zusammenhang mit Essstörungen bemängelte jugendschutz.net im vergangenen Jahr 328 Angebote, 2008 waren es 250.

Auf den beanstandeten Seiten würden Magersucht und Bulimie als erstrebenswerte Ideale dargestellt oder bereits Erkrankte in ihrer Sucht bestärkt. Seitenbetreiber seien häufig selbst essgestörte Jugendliche. Besonders problematisch sei, dass die Mehrheit der Nutzer solcher Angebote noch unter 16 Jahre alt ist, erläutern die Jugendschützer. In diesem Alter seien Persönlichkeit und Körperbild noch nicht gefestigt.

In der sogenannten "Pro-Ana"-Szene gängige Parolen wie "Dünn sein ist wichtiger als gesund sein" und Bilder sehr dünner Frauen sollen zum Nachahmen und Durchhalten animieren. Die Aktivitäten gegen Pro-Ana-Inhalte hätten zudem dazu geführt, dass die Inhalte zunehmend über soziale Netzwerke verbreitet würden. Um nicht so einfach entdeckt zu werden, würden Zweitprofile mit positiven Bezeichnungen angelegt oder typische Inhalte versteckt.

Erstmals untersuchten die Jugendschützer zudem die im Internet aktive Szene der selbsternannten "Boy- und Girl-Lover". In einschlägigen Foren "tauschen sich Pädosexuelle über Missbrauchsphantasien aus und bestärken sich gegenseitig, diese auch auszuleben", heißt es in dem Bericht. Sexuelle Gewalt gegen Kinder werde in dieser Szene als normal dargestellt. Bei jedem vierten Angebot seien Verstöße festgestellt worden. (vbr)