Der Wanderfalke kehrt zurück

Die längste All-Rundreise der Geschichte neigt sich ihrem Ende zu: Am 13. Juni erwartet Japans Weltraumagentur Jaxa die Sonde "Hayabusa" zurück - nach sieben Jahren und einer Landung auf einem Asteroiden.

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Von
  • Martin Kölling

Die Menschheit steckt Milliarden in eine Raumstation, Träume von bemannten Missionen zum Mond und zum Mars begeistern die Medien. Bei so viel Geld und Visionen droht eine historische Leistung in der menschlichen Raumfahrtgeschichte unterzugehen: Am 13. Juni soll die längste Weltraumreise eines von Menschen hergestellten Raumfahrzeugs zu Ende gehen.

Sieben Jahre nach ihrem Start am 9. Mai 2003, mehreren Milliarden Flugkilometern und einer Landung samt Probeentnahme auf einem Asteroiden kehrt die Sonde "Hayabusa" (Wanderfalke) der japanischen Weltraumagentur Jaxa zur Erde zurück. Wenn auf den letzten Metern alles nach Plan verläuft, wird sie drei Stunden vor dem erwarteten Eintritt in die Erdatmosphäre eine durch Hitzeschilde geschützte Kapsel mit der Probe des Asteroiden Itokawa ausstoßen, die dann in der australischen Woomera-Wüste niedergehen soll.

Für mich sind mit Hayabusa sentimentale Erinnerungen verbunden. Denn die Berichte über die dramatischen Landungsversuche auf dem Asteroiden im November 2005 - mehr als zwei Milliarden Kilometer von der Erde entfernt - gehören mit zu meinen ersten Online-Artikeln für Technology Review.

Aber das Gefühl der Erleichterung ist natürlich noch um ein vielfaches größer beim Projektteam. Denn mehrfach sah es so aus, als ob Hayabusa seine Mission nicht schafft. Aber seine Entwickler hatten die Latte mit gleich fünf Missionszielen auch ziemlich hoch gelegt. Erstens sollte Hayabusa neu entwickelte Ionenantriebe testen, bei denen kein Schub durch Verbrennung von Treibstoff erzeugt wird, sondern durch den Ausstoß eines Ionenstrahls. Dabei werden Gasteilchen zunächst ionisiert und dann mit einem elektrischen oder einem Magnetfeld unter Ausnutzung der Lorentzkraft beschleunigt und anschließend elektrisch neutralisiert. Der Schub ist zwar klein, aber stetig und verbraucht weniger "Brennstoff" als chemische Raketentriebwerke. Zweitens sollte Hayabusa einen Earth-Swing-By hinlegen, drittens selbst seine Ziele erkennen und dementsprechend navigieren, viertens selbst auf dem Asteroiden landen und eine Probe entnehmen, und fünftens die Kapsel mit der Probe wohlbehalten heim bringen.

Schon das Landemanöver war mit Problemen gespickt. Die erste Landung schlug sogar fehl. Erst Ende November kam der Erfolg, wenigsten hoffen das die Forscher. Doch das eigentliche Drama begann danach.

Über mehrere Woche verloren die Forscher den Kontakt nach einem Leck in einer der Steuerdüsen. Doch im April 2007 konnten die Ingenieure den Ionenantrieb anschmeißen und Hayabusa damit seine Heimreise beginnen. Allerdings ist der Falke flügellahm: Hayabusa hat vier Ionentriebwerke, bei einem ist die Ionenquelle versiegt, bei zwei anderen haben die Neutralisatoren versagt. Die Batterie ist auch kaputt, so dass jeweils nur noch soviel Energie zur Verfügung steht, wie die Solarzellen gerade liefern. Doch durch die Kombination von der Ionenquelle eines Triebwerks und dem Neutralisator eines anderen konnten die Forscher die Mission retten.

Mich fasziniert an der Jaxa-Philosophie, dass die Weltraumbehörde nicht nur von der Erforschung des Weltalls schwärmt, sondern immer wieder neue Antriebsarten ausprobiert. Der Ionenantrieb war es bei Hayabusa, nun ist es der erste Flug einer Sonnensegelyacht zur Venus mit dem Weltraumklipper Ikaros. Ikaros ist Teil einer Doppelmission, deren zweite Phase mithilfe der Sonde Akatsuki der Venus-Atmosphäre ihre Geheimnisse entreißen soll. Diesen kleinen Pioniertaten gehört meines Erachtens in der Öffentlichkeit mindestens genauso viel Beachtung wie einem Astronauten, der via Fernseher von der Raumstation zu uns herunter winkt. (bsc)