Gericht: Telefonwerbung nur auf Basis von Telefonbucheinträgen ist rechtswidrig
Wer in allgemein zugänglichen Verzeichnissen veröffentlichte Telefonnummern erhebt, um damit Kaltakquise zu betreiben, kann gegen den Datenschutz verstoßen.

(Bild: Gajus/Shutterstock.com)
Das Bundesverwaltungsgericht hat Möglichkeiten für Telefonwerbung eingegrenzt. Wer in allgemein zugänglichen Verzeichnissen veröffentlichte Telefonnummern von Zahnarztpraxen erhebt und speichert, um damit Werbeanrufe zu tätigen, handelt nach einem Urteil der Leipziger Richter vom Mittwoch rechtswidrig. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Zusammenhang mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Ihnen zufolge ist es hier nicht möglich, sich auf das Vorliegen "berechtigter Interessen" nach Artikel 6 DSGVO zu berufen. Vielmehr sei eine informierte Einwilligung nötig.
Mit dem Urteil (Az.: BVerwG 6 C 3.23) stützt das Bundesverwaltungsgericht im Kern die Ansicht der saarländischen Datenschutzbeauftragten Monika Grethel sowie der niederen Instanzen. Die Kontrolleurin ordnete 2017 – noch auf Basis des Bundesdatenschutzgesetzes in der damals geltenden Fassung – gegenüber der späteren Klägerin an, das Sammeln personenbezogener Daten von Inhabern von Zahnarztpraxen und die damit erfolgende Telefonwerbung einzustellen, sofern nicht eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder bereits ein Geschäftsverhältnis mit ihm besteht.
Erreichbar fĂĽr Patienten, aber keine Cold Calls
Die Klägerin kauft Edelmetallreste von Zahnärzten an. Dazu erhob sie aus öffentlichen Verzeichnissen wie den Gelben Seiten Namen von Praxisinhabern sowie Anschrift und Telefonnummer. Die von ihr gespeicherten Kontaktdaten nutzte sie, um durch Anrufe bei den Praxen in Erfahrung zu bringen, ob diese etwa Goldfüllungen zu verkaufen haben. Nach rechtskräftiger Abweisung einer ersten gerichtlichen Eingabe beantragte die Klägerin bei Grethel unter Hinweis auf die im Mai 2018 in Kraft getretene DSGVO wiederum erfolglos die Aufhebung des Bescheids von 2017. Auch beim Gang durch die zwei ersten Instanzen hatte sie kein Glück.
Nun hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zurückgewiesen. Es erachtet den Erlaubnistatbestand des berechtigten Interesses zwar entgegen der Auffassung der Vorinstanz als grundsätzlich anwendbar. Dieser sei aber im Zusammenhang mit Paragraf 7 UWG über "unzumutbare Belästigungen" zu sehen. Damit habe der deutsche Gesetzgeber Vorgaben zum Schutz der Privatsphäre der Betroffenen vor unverlangt auf elektronischem Weg zugesandter Werbung aus der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation umgesetzt.
Der von der Klägerin verfolgte Zweck der Datenverarbeitung verstoße in der Zusammenschau dagegen: Ein Eintrag in öffentliche Verzeichnisse diene in dem Fall ausschließlich dazu, die Erreichbarkeit für Patienten zu gewährleisten. Der Verkauf von Edelmetallresten zur Gewinnerzielung sei zudem weder typisch noch wesentlich für die Tätigkeit eines Zahnarztes.
(mho)