Neue Chance für das Digitalradio

Die Kommission zur Feststellung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat beschlossen, die eingefrorenen Projektmittel für den Neustart des terrestrischen digitalen Hörfunks freizugeben – unter bestimmten Voraussetzungen.

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Von
  • Nico Jurran

Die eingefrorenen Projektmittel für den Neustart des terrestrischen digitalen Hörfunks in Deutschland werden wieder freigegeben. Das hat die Kommission zur Feststellung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) am Freitag einstimmig beschlossen. Allerdings fließen die Mittel nur, wenn einige Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehört unter anderem eine gemeinsame Nutzung des bundesweiten Multiplex durch Deutschlandradio und private Hörfunkveranstalter. Weiterhin wurden ARD und Deutschlandradio aufgefordert, zur Sitzung der zuständigen KEF-Arbeitsgruppe im September 2010 Aussagen zur Abschaltung ihrer Lang-, Mittel- und Kurzwellensender zu machen. Die Kommission will prüfen, inwieweit der Weiterbetrieb dieser Sender noch wirtschaftlich ist – insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung des Internetradios.

Die KEF hat bereits angekündigt, im Rahmen der Vorbereitung ihres 19. Berichts im Jahr 2013 die Wirtschaftlichkeit des Entwicklungsprojekts überprüfen zu wollen. Dies zeigt, dass sie sich durchaus des Risikos bewusst ist, dass die Hörer den digitalen terrestrischen Hörfunk nicht in dem von ARD und Deutschlandradio prognostizierten Maß nutzen werden. Vor allem über die Abschaltung der kostspieligen Lang-, Mittel- und Kurzwellensender will man daher an anderer Stelle sparen.

Anfang 2008 hatte die KEF bei der Vorstellung Ihres Finanzplans für die Gebührenperiode 2009 bis 2012 die Einführung des digitalen Hörfunk-Sendestandards DAB (Digital Audio Broadcasting) in Deutschland praktisch für gescheitert erklärt. Geld soll es für das DAB-Projekt, in das die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bis Ende 2008 knapp 180 Millionen Euro investiert haben werden, nur noch in Form von Grabpflege-Zuschüssen in Höhe von 22,5 Millionen Euro geben. Die Öffentlich-Rechtlichen hingegen hatten in ihren Bedarfsmeldungen zuvor angegeben, in den kommenden fünf Jahren Gelder in Höhe von über 188 Millionen Euro (ARD: 140 Millionen, Deutschlandradio: 48,4 Millionen Euro) für DAB ausgeben zu wollen. Die ARD wollte damit das Programmangebot erweitern und die Sendeleistungen erhöhen, das Deutschlandradio eine bundesweit flächendeckende Versorgung mit ihren zwei Hörfunkprogrammen erreichen.

Doch eine Fortführung der DAB-Finanzierung kam für die Rundfunkgebührenkommission damals "nicht in Frage". Eine erfolgreiche Digitalisierung des Hörfunks sei mit dem bisherigen Ansatz nicht mehr zu leisten. Als Begründung geben die KEF-Sachverständigen an, dass DAB in Deutschland auch nach über zehn Jahren öffentlicher Förderung nicht in ausreichendem Maße akzeptiert werde. Selbst die Einführung einer neuen Audiokodierung und die daraus resultierende Weiterentwicklung von DAB zu DAB+ oder die Nutzung von DMB würden die Situation nicht grundsätzlich verändern, sondern vor allen Dingen dazu führen, dass Besitzer derzeitiger DAB-Empfangsgeräte entweder nicht mehr versorgt würden oder zumindest an der Weiterentwicklung nicht teilhaben könnten, warnt die Gebührenkommission.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer blieb jedoch: So erklärten die KEF-Sachverständigen seinerzeit, dass sie grundsätzlich der Überzeugung seien, dass der "Misserfolg der Digitalisierung des terrestrischen Hörfunks mittels DAB" nicht bedeuten müsse, dass der terrestrische Hörfunk analog bleibt. Um einen "erfolgreichen Neustart der Digitalisierung" zu ermöglichen, erkannt man ein Projektbudget in Höhe von 42 Millionen Euro (ARD: 30 Millionen Euro, Deutschlandradio: 12 Millionen Euro) für die Jahre 2009 bis 2012 an. Voraussetzung für die Inanspruchnahme sei aber zum einen, dass die Kommission ein neu zu beantragendes Entwicklungsprojekt zum Digitalen Hörfunk anerkennt, zum anderen, "dass das Projekt auf einem deutschlandweiten Konsens auch mit privaten Programmanbietern und Herstellern von Endgeräten beruht".

Im Juli 2009 stellte die KEF dann jedoch fest, dass es ARD und dem Deutschlandfunk in der Zwischenzeit nicht gelungen sei, ein tragfähiges Konzept für eine erneute DAB-Einführung vorzulegen . "Insbesondere fehlt eine Abstimmung mit der Mehrheit der privaten Hörfunkanbieter. Hinzu kommen unzureichende Aussagen zu zukünftigen Programmangeboten, welche ausschließlich über das Digitalradio verbreitet werden sollen", so die KEF. Damit stand die sich über Jahre hinschleppende DAB-Einführung in Deutschland endgültig vor dem Aus -- zumal sich kurz zuvor der Verband Privater Rundfunk Telemedien e.V. (VPRT) sich gegen die eigentlich für Herbst 2009 geplante Einführung von DAB+ ausgesprochen hatte. (nij)