Brüsseler Korruptionsaffäre um Huawei: Es geht um einen Brief

Belgische Staatsanwälte prüfen, ob Huawei illegale Zahlungen für einen Brief geleistet hat, in dem eigene Interessen rund um den 5G-Ausbau verteidigt wurden.

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Das Huawei-Logo an eine Wand projiziert; im Vordergrund Schattenrisse zweier Menschen

(Bild: heise online/vbr)

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Bei den laufenden belgischen Korruptionsermittlungen gegen Huawei-Lobbyisten und Abgeordnete sowie deren Mitarbeiter geht es vor allem um einen brisanten Brief zum Einsatz von 5G-Technologie in der EU. Das berichtet die italienische Zeitung La Repubblica unter Verweis auf einen Haftbefehl.

Acht EU-Parlamentarier hatten das Schreiben im Februar 2021 an die drei damaligen Kommissionsmitglieder Margrethe Vestager, Valdis Dombrovskis und Thierry Breton geschickt und darin argumentiert, dass geopolitische Spannungen die Entwicklung von 5G in Europa nicht behindern dürften. Huawei wird in dem Brief nicht genannt, doch die Stoßrichtung ist klar.

Der italienische Abgeordnete Fulvio Martusciello (Forza Italia) veröffentlichte das Lobby-Schreiben als einer der Unterzeichner am 15. Februar 2021 auf Twitter. Martusciello löschte den Tweet zwar inzwischen, doch er ist archiviert.

"Leider haben einige Mitgliedstaaten die Nutzung ausländischer 5G-Ausrüstung verboten oder beabsichtigen, dies zu tun", heißt es in dem Brief, in dem die Abgeordneten vor “protektionistischen" Debatten warnen und von “unbegründeter Angst vor Risiken für die nationale Sicherheit” sprechen.

Martusciellos früherer parlamentarischer Berater und eine Assistentin wurden nach Angaben ihrer Anwälte beide im Zusammenhang mit der Huawei-Untersuchung festgenommen. Die belgische Polizei versiegelte Mitte März zwei Büros von Parlamentsassistenten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben Fahndungsteams insgesamt 21 Adressen in Brüssel, Flandern, Wallonien und Portugal durchsucht und mehrere Personen vorläufig festgenommen.

In der Vorlage für den Untersuchungsrichter ist laut Repubblica zu lesen: "Dem Verfasser des 5G-Briefes wurde eine Summe von 15.000 Euro angeboten”, für Mitunterzeichner sollen es 1500 Euro gewesen sein. Solche Transaktionen seien prinzipiell von chinesischen Huawei-Führungskräften gebilligt worden.

Die Ermittler vermuten, dass die Überweisungen auch "mit der Ausarbeitung von für Huawei günstigen gesetzlichen Änderungsanträgen" durch Martusciello in Zusammenhang stehen. Der sagte gegenüber der Zeitung Le Soir, dass er nie Geld oder andere Leistungen von Huawei erhalten habe.

Die Anwälte des einstigen Beraters und der Assistentin stritten gegenüber Politico jegliche Beteiligung an den Anklagepunkten ab. Mehrere der aktuellen und ehemaligen Mitglieder des Parlaments, deren Name unter dem Brief steht, versuchen sich gegenüber Politico von dem Brief zu distanzieren.

Nach EU-Gremien haben unterdessen auch Branchenverbände wie DigitalEurope Huawei-Lobbyisten ausgeschlossen. Die Organisation LobbyControl moniert aber, dass EU-Denkfabriken wie Bruegel, das Center for European Policy Studies (CEPS) sowie das Centre on Regulation in Europe (CERRE) weiterhin Kontakte zu dem Konzern pflegten.

(vbr)