KI am Arbeitsplatz: Mehrheit der Bundesbürger hält sich für unersetzlich

Jeder dritte Beschäftigte nutzt laut dem TÜV-Verband bereits generative KI für berufliche Zwecke. Viele schätzen ihre Tätigkeit aber weiter für unersetzbar ein.

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(Bild: Peshkova/ Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Viele Erwerbstätige hierzulande blenden den Einfluss von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Arbeitswelt mit Blick auf den eigenen Job aus. Zwar geht mit 53 Prozent eine knappe Mehrheit der Beschäftigten davon aus, dass die gehypte Technik in fünf Jahren eine große Rolle für ihren Beruf spielen wird. 44 Prozent sind aber gegenteiliger Meinung und erwarten geringe oder gar keine Auswirkungen. 72 Prozent glauben zudem, dass ihre berufliche Tätigkeit nicht durch eine KI ersetzbar ist. Das zeigt eine repräsentative Forsa-Umfrage für den TÜV-Verband unter 1001 Personen ab 16 Jahren inklusive 668 Erwerbstätigen.

Laut der Auswertung der im Oktober durchgeführten Befragung verwenden 31 Prozent der hiesigen Beschäftigten generative KI-Anwendungen wie ChatGPT, Claude oder Gemini für berufliche Zwecke. In der Gesamtbevölkerung liegt der Anteil der KI-Nutzer bei 53 Prozent, da viele Befragte die Anwendungen nur privat nutzen. Eine Gefahr für den eigenen Job sehen derzeit aber nur wenige Teilnehmer. Zwar geht jeder zweite Erwerbstätige davon aus, dass "sehr viele Menschen" ihren Job als Folge der KI-Verbreitung verlieren. Aber nur 7 Prozent meinen, dass es sie selbst treffen könnte. Zudem haben nur 37 Prozent der Beschäftigten die Sorge, dass sie "beruflich abgehängt" werden, wenn sie die Technik nicht beherrschen. 60 Prozent der Erwerbstätigen halten aber Weiterbildungen zum Thema KI für ihre berufliche Tätigkeit für sinnvoll.

Andere Erkenntnis: Es fehlt in den meisten Organisationen an klaren Vorgaben für die KI-Nutzung im Job. Nur 19 Prozent der abhängig Beschäftigten geben an, dass ihr Arbeitgeber dafür konkrete Auflagen erlassen hat. Davon sagen 4 Prozent, dass die Nutzung explizit verboten ist. Gibt es Vorschriften, drehen sich diese um den Datenschutz (76 Prozent), sensible Informationen (63 Prozent) oder ums Urheberrecht (61 Prozent). Immerhin 54 Prozent verpflichten ihre Mitarbeiter, bei KI-generierten Inhalten einen Faktencheck durchzuführen. 78 Prozent der Bundesbürger überprüfen nach eigenen Angaben die Ergebnisse von ChatGPT und Co. durch weitere Recherchen.

Die "transformative Kraft" von KI werde unterschätzt, heißt es auch im jüngst veröffentlichten D21-Digital-Index 2024: 50 Prozent der Berufstätigen betrachteten sie als nützliches Werkzeug für unliebsame und monotone Aufgaben. Viele gingen bislang indes noch nicht von einer grundlegenden Veränderung ihres Arbeitsplatzes aus. Bei dieser Umfrage fürchteten 15 Prozent, durch KI nicht mehr gebraucht zu werden. 77 Prozent der Bundesbürger erwarten aber, dass bestimmte Tätigkeiten oder Berufe bis 2035 durch die Digitalisierung verschwinden. Arbeitsplätze im Bereich Programmierung sind in den USA in den vergangenen zwei Jahren laut Washington Post um mehr als ein Viertel zurückgegangen. Der Zeitpunkt fällt mit der Veröffentlichung von ChatGPT durch OpenAI Ende 2022 zusammen.

Der TÜV-Verband mahnt, das Unternehmen eine KI-Strategie entwickeln und ihre Mitarbeiter schulen sollten. Seit Februar gelte laut der KI-Verordnung ohnehin eine Weiterbildungspflicht. Firmen, die KI-Systeme selbst entwickeln oder diese nutzen, müssten sicherstellen, dass ihre Beschäftigten über entsprechende Fachkenntnisse verfügen. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, ist überzeugt: KI werde "viele Arbeitsprozesse in nahezu allen Berufsfeldern grundlegend verändern – vom Anlagenbau bis zur Zahntechnik". Die Folgen seien ähnlich stark wie bei der Einführung des PCs oder des Internets: "Entweder die Beschäftigten lernen den Umgang mit KI-Anwendungen oder sie verlieren den Anschluss."

(nen)